Estland:Regierende Reformpartei gewinnt Parlamentswahl

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In Estland kann Ministerpräsident Andrus Ansip kann voraussichtlich weiter regieren. Über den künftigen Koalitionspartner seiner wirtschaftsliberalen Reformpartei schweigt er sich jedoch noch aus. Weltweit erstmals konnten die Wähler auch per Internet abstimmen.

Ansips wirtschaftsliberale Reformpartei gewann die Parlamentswahl am Sonntag mit 28 Prozent der Stimmen. Das gab die Wahlkommission in Tallinn bekannt.

Bisher wurde die Baltenrepublik von einer Drei-Parteien-Koalition regiert. Ansip kündigte an, bereits am heutigen Montag Bündnisgespräche aufnehmen zu wollen. Die erste Parlamentswahl Estlands seit dem Beitritt zur EU und zur NATO im Jahr 2004 brachte eine Bestätigung des bisherigen Mitte-Links-Kurses der Regierung.

Ansips Koalitionspartner, die linke Zentrumspartei mit 26 Prozent und die national orientierte Volksunion mit 7 Prozent, zeigten sich in den Ergebnissen stabil. Drastische Verluste musste die konservative Opposition Res Publica/Vaterlandsunion hinnehmen, die künftig mit 19 (minus 16) der 101 Sitze im Riigikogu (Reichstag) von Tallinn vertreten sein wird. Die Grünen erreichten mit sieben Prozent erstmals Fraktionsstärke. Die Wahlbeteiligung übertraf mit 61 Prozent die Prognosen.

"Wir stehen vor schwierigen Gesprächen"

Ministerpräsident Ansip sprach von einer Bestätigung der Regierung. "Es ist eindeutig, dass die Bürger die Koalitionsparteien unterstützen", sagte der Ministerpräsident.

Nach einem von Steuer- und Nationalitätsfragen geprägten Wahlkampf vermied Ansip im estnischen Fernsehen, sich auf eine künftige Koalition festzulegen. "Wir stehen vor schwierigen Gesprächen", sagte er.

Die Demoskopen hatten bereits eine Bestätigung der seit zwei Jahren regierenden Koalition vorausgesagt. Offen war allerdings, ob Ansip im Amt bleibt oder seinen Sessel für Edgar Savisaar von der Zentrumspartei räumen muss.

Savisaar war bereits Anfang der 90er Jahre estnischer Regierungschef, nachdem das Land unabhängig geworden war. Seine Partei hat bei der russischstämmigen Bevölkerung großen Rückhalt, die rund ein Drittel der Bevölkerung stellt. Ansip hat diese mit dem Vorschlag beunruhigt, ein Denkmal zu Ehren der sowjetischen Armee aus Tallinn zu entfernen.

Weltpremiere Internet-Wahl

Besondere Aufmerksamkeit wurde der Wahl wegen einer Weltpremiere zuteil: Erstmals war die Stimmabgabe für eine Parlamentswahl im Internet möglich. Die dreitägige Frist dafür endete bereits am Mittwoch, vier Prozent der etwa 950.000 Wahlberechtigten machten laut Wahlkommission von der Möglichkeit Gebrauch. Das System wurde bei der Kommunalwahl im Oktober 2005 getestet und für sicher befunden.

Estland hat sich zu einem Boomland der High-Tech-Branche entwickelt. Angesichts eines Wirtschaftswachstums von 11,5 Prozent gibt es Warnungen, die Konjunktur könnte überhitzen. Ansip will an dem Niedrigsteuersystem festhalten, das Estland nach Angaben von Analysten auf Wachstumkurs gebracht hat.

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