Episkopalkirche in USA:Homosexueller zum Bischof geweiht

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Mit Gene Robinson hat die Anglikanische Kirche in den USA als erste große christliche Religionsgemeinschaft einen sich offen zu seiner Homosexualität bekennenden Priester zum Bischof geweiht. Die Zeremonie wurde von Protesten konservativer Geistlicher begleitet, die vor der Spaltung der Kirche warnten.

Die Kirche ist Teil der 77 Millionen Mitglieder zählenden anglikanischen Weltkirche, die angesichts der Kontroverse nach Ansicht von Beobachtern vor einer Spaltung steht. In den USA gehören etwa 2,3 Millionen Menschen der Kirche an.

Gene Robinson - der erste Bischof, der sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekennt. (Foto: Foto: dpa)

Stellvertretend für 38 Bischöfe der Episkopalkirche und der anglikanischen Kirche von Kanada sprachen sich zwei anwesende Geistliche gegen die Bischofsweihe aus. Robinsons Lebensstil sei "nicht mit der heiligen Schrift und den Lehren dieser Kirche vereinbar", erklärte David Bena, der eine vorbereitete Erklärung verlas. Er spreche auch für viele anglikanische Bischöfe, die Robinson nicht als Bischof anerkennen würden. Zuvor hatte der die Feier leitende Bischof Frank Griswold die traditionelle Frage gestellt, ob etwas dagegen spreche, mit der Zeremonie fortzufahren.

Rund 4000 Menschen, mehrheitlich Unterstützer des 56-jährigen Robinson, verfolgten die Feier in Universität von New Hampshire unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen.

Robinson, dem mindestens 40 der anwesenden 55 Bischöfe der US-Episkopalkirche zur Amtseinführung die Hände aufgelegt hatten, dankte dem Bistum New Hampshire, das er übernehmen wird, für seine Ernennung. Er sagte, er reiche all jenen die Hände, die am Rande der Gesellschaft stünden, wie dies auch Jesus getan habe.

An die konservativen Geistlichen gewandt fügte er unter Bezug auf die offenbar bevorstehende Spaltung hinzu, diejenigen, die jetzt die Kirche verlassen wollten, sollten wissen, "dass sie jederzeit wieder willkommen sind".

"Weitere Ernennungen werden folgen"

Den geschiedenen Vater zweier Kinder konnten selbst Morddrohungen nicht von seinem Weg ins Bischofsamt abbringen. Er gehe davon aus, dass "weitere Ernennungen folgen werden" und Persönlichkeiten, die offen zu ihrer Homosexualität stünden, in verantwortungsvolle Positionen kämen, erklärte Robinson vor der Zeremonie. Bereits Anfang August hatte die Bischofsversammlung der Anglikanischen Kirche in den USA Robinson in einer historischen Wahl zum Bischof gewählt.

Das Oberhaupt der anglikanischen Kirche, der Erzbischof von Canterbury, Rowan William, erklärte am frühen Montag in einer ersten Reaktion, die durch Robinsons Ernennung entstandenen Zerwürfnisse seien "Anlass zu großem Bedauern". Diejenigen, die Robinson weihten, hätten jedoch in "gutem Glauben" gehandelt.

Williams steht persönlich der Homosexuellenbewegung positiv gegenüber und versucht, die Spaltungen innerhalb der anglikanischen Kirche zu überbrücken. Im August hatte er einen Sondergipfel zur Frage homosexueller kirchlicher Würdenträger einberufen.

In einer gemeinsamen Erklärung wurde die Befürchtung geäußert, dass die Weihe Robinsons vom "größten Teil der anglikanischen Welt" nicht anerkannt werde. Die Möglichkeiten zu Disziplinarmaßnahmen besitzt Williams nicht.

"Gott hasst die Schwulen"

Vor dem Gebäude protestierten Gegner und Anhänger des neuen Bischofs. Die beiden Gruppen wurden von der Polizei getrennt gehalten.

Auf Transparenten mit Slogans wie "Gott hasst die Schwulen" machten Gegner ihrem Unmut Luft. "Ich habe ein Problem mit jeder Kirche, die einen Homosexuellen zu ihrem Führer beruft, wenn er ein reueloser Homosexueller ist", sagte Joshua Phelps-Roper, Vorsitzender einer in Kansas ansässigen Baptisten-Gruppe, die im ganzen Land gegen Homosexuelle missionarisch Stellung bezieht.

Ein Sprecher des evangelischen Aktionsbündnisses Reform in Großbritannien sah in der Entscheidung, Robinson zum Bischof zu weihen, bereits eine vollzogene Kirchenspaltung. "Der Rest der Kirche muss jetzt bestimmen, wie die Entscheidung (zur Spaltung) bestätigt wird", sagte der Sprecher. Homosexuelle Beziehungen stünden "klar im Gegensatz zur Lehre der Heiligen Schrift". Mehrere konservative Episkopalkirchen veranstalteten Protest-Gottesdienste.

Besonders stark war die Ablehnung in Entwicklungsländern. Der anglikanische Bischof von Nigeria, Peter Akinola drohte mit Abspaltung. In Nigeria gehören rund 17,5 Millionen Gläubige der Anglikanischen Kirche an.

Auch der lateinamerikanische Erzbischof Gregory Venables warnte vor einer Spaltung der anglikanischen Kirche, die zerstörerisch sein würde.

Die Bischofsweihe eine "neue Realität"

Homosexuelle Geistliche begrüßten die Weihe dagegen. Der Vorsitzende der Gruppe Changing Attidude, Colin Coward, nannte die Bischofsweihe eine "neue Realität". Sie gebe "Zuversicht". Die Gruppe ist eine Interessenvertretung homosexueller Geistlicher in der Anglikanischen Kirche.

Die Anglikanische Kirche in den USA nimmt im Umgang mit Homosexualität eine liberalere Haltung ein als ihre Schwesterkirchen in Großbritannien und anderen anglikanisch geprägten Ländern. Den Episkopalen, einer Gruppe innerhalb der Anglikanische Kirche, gehören in den USA etwa 2,1 Millionen Gläubige an. Sie sind damit die zehntgrößte protestantische Konfession in den USA.

Im Vereinigten Königreich, wo die Anglikanische Kirche Staatskirche ist, hatte ein Theologe im Juli seine Bewerbung um das Bischofsamt der Diözese London zurückgezogen, weil sich an seinem Bekenntnis zur Homosexualität ein heftiger Streit entzündet hatte.

(sueddeutsche.de/AP/AFP/dpa)

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