Entsetzen über Sterbehelfer Kusch:"Selbstgefälliger Zyniker"

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Die Sterbehilfeaktion des früheren Hamburger Justizsenators Kusch hat heftige Reaktionen provoziert. Politiker und Ärzte werfen ihm "Geltungssucht" vor - und die Länder wollen Suizidhilfe nun unter Strafe stellen.

Die öffentliche Diskussion um die Sterbehilfe ist wieder voll entbrannt. Hamburgs Ex-Justizsenator Roger Kusch hatte nach eigenen Angaben am vorigen Wochenende bei einer 79-jährigen Frau aus Würzburg Sterbehilfe geleistet.

War früher Hamburger Justiz-Senator und CDU-Mitglied: Roger Kusch (Foto: Foto: AP)

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) zeigte sich empört von Kuschs Verhalten. "Ich finde es unglaublich, dass ein ehemaliger Senator sich mit einem solchen Apparat öffentlich produziert", sagte sie der Bild-Zeitung. Sie lehne dies "rundweg ab".

Der richtige Weg seien Hilfsangebote für sterbende Menschen. "Das ist zugleich ein wesentlicher Beitrag dazu, den Diskussionen um aktive Sterbehilfe, die wir strikt ablehnen, den Nährboden zu entziehen", sagte Schmidt.

"Für uns ist das keine Alternative", sagte Schmidt am Dienstag im Deutschlandfunk. "Wir werden jetzt mit der Pflegereform dafür sorgen, dass jeder so lange wie möglich, auch so selbstständig wie möglich zu Hause bleiben kann. Und wir werden auch die Einrichtungen dabei unterstützen, gute Qualität anzubieten." Der Versuch, alles so zu verbessern, dass die Würde der alten Menschen erhalten bleibe und dass sie so schmerzfrei wie möglich leben können, sei die einzige Alternative zur aktiven Sterbehilfe.

Mehrere Bundesländer wollen die organisierte Sterbehilfe unter Strafe stellen. Ein entsprechender Gesetzentwurf solle am kommenden Freitag im Bundesrat beschlossen werden, berichtet die Berliner Zeitung. Neben Baden-Württemberg ständen auch Bayern, Thüringen, das Saarland und Hessen hinter dem Entwurf.

Nach der Länder-Gesetzesinitiative soll gewerbliche oder organisierte Sterbehilfe künftig mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. "Der Tod darf nicht zu einem profanen Dienstleistungsangebot werden", sagte der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) der Berliner Zeitung.

Hoppe: Kusch ist ein "selbstgefälliger Zyniker"

"Die Angst der Menschen, zu leiden, darf nicht von Dritten zur eigenen Gewinnmaximierung ausgenutzt werden." Der hessische Justizminister Jürgen Banzer (CDU) betonte: "Die Würde des Menschen muss auch und gerade in existenziellen Situationen, insbesondere am Lebensende, uneingeschränkt gewahrt werden."

Kusch hatte am Montag in Hamburg mitgeteilt, dass er der 79-jährigen Frau aus Würzburg Sterbehilfe geleistet habe. Die Rentnerin, die nicht schwer krank gewesen sei, aber Angst vor einem Leben im Pflegeheim gehabt habe, sei am Samstag gestorben.

Sie habe ein Malaria-Medikament und ein Beruhigungsmittel eingenommen. Um den freien Willen der Frau für den "begleiteten Suizid" zu demonstrieren, zeigte Kusch auf Video aufgezeichnete Interviews mit der früheren Röntgenassistentin. Sowohl die Würzburger als auch die Hamburger Staatsanwaltschaft leiteten Ermittlungen ein.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, griff Kusch in der Bild-Zeitung scharf an: "Es ist abscheulich und zutiefst empörend, wie hier ein selbstgefälliger Zyniker die Einsamkeit einer alten Frau ausgenutzt hat, um seine Geltungssucht zu befriedigen."

© dpa/AP/Reuters/odg/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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