Entscheidung am Bundesverwaltungsgericht:Ex-Geisel muss für Befreiung zahlen

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Grundsatzurteil mit Signalwirkung: Eine Deutsche, die in Kolumbien entführt worden war, muss für den Hubschrauberflug unmittelbar nach ihrer Freilassung zahlen. Die Ex-Geisel sieht ihr Leben finanziell "ruiniert".

Im Ausland entführte Deutsche müssen die Kosten für ihre Befreiung grundsätzlich selbst zahlen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Das Gericht wies die Klage von Reinhilt Weigel (36) ab, die 2003 nach zehn Wochen in der Gewalt kolumbianischer Rebellen im Norden des Landes freigekommen war. Die Bundesrepublik hatte von Weigel danach 12.640,05 Euro für einen Hubschrauberflug aus dem Rebellengebiet in die kolumbianische Hauptstadt Bogota verlangt. Das Konsulargesetz sei auch in solchen Extremfällen eine ausreichende Grundlage für finanzielle Rückforderungen, entschied der 7. Senat des Gerichts.

Weigel reagierte enttäuscht auf den Urteilsspruch. Sie wisse nicht, wie sie das Geld aufbringen solle. "Ich arbeite, ich verdiene - aber ich bin kein Krösus", sagte die 36-Jährige, die inzwischen in Chamonix (Frankreich) lebt. "Mein Leben ist für die nächsten Jahre ruiniert." Wegen Rückenproblemen, die sie seit ihrer Geiselhaft plagten, könne sie nur Teilzeit als Physiotherapeutin arbeiten.

Kläger-Anwalt Josef H. Mayer hatte bezweifelt, dass das Konsulargesetz, speziell Paragraf 5, auch für Entführungsfälle gilt. Es sei lediglich gedacht für Deutsche, denen im Ausland aus der Patsche geholfen werden muss, weil ihnen zum Beispiel, Geld, Pass und Flugticket gestohlen wurden.

Lebensumstände bei Kostenberechnung berücksichtigt

Der Vertreter des Auswärtigen Amtes, Benjamin Beckmann sagte dagegen in der mündlichen Verhandlung: "Der Gesetzgeber hat klar gesagt: Ist eine Notlage da, muss geholfen werden. Egal, wie diese Notlage zustande gekommen ist." Dem folgten die obersten deutschen Verwaltungsrichter. Geiselhaft sei eindeutig eine Notlage.

Bei der Festlegung, welchen Anteil der Befreiungskosten ehemalige Geiseln nach ihrer Rückkehr nach Deutschland erstatten müssen, hätten die Behörden eigentlich keinen Ermessensspielraum, erklärte der Vorsitzende Richter Wolfgang Sailer.

Das Auswärtige Amt verfolgt nach eigenen Angaben die Linie, nur Kosten zu verlangen, die den Geiseln unmittelbar zugutegekommen sind. "Dann müssten Sie wahrscheinlich auch die von Ihnen nie gezahlten Lösegelder zurückfordern", sagte Sailer daraufhin zum Vertreter des Auswärtigen Amtes.

Die Höhe der Rückforderungen ergebe sich letzten Endes aber aus dem verfassungsmäßig verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Im Klartext: Es muss im Einzelfall anhand der persönlichen Lebensumstände geprüft werden, welche Forderungen an Ex-Geiseln angemessen sind. (Az.: BVwerG 7 C 13.08)

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