Entführungsfälle in Afghanistan:Merkel verärgert über Lösegeld-Debatte

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Bundeskanzlerin Angela Merkel ist verärgert über Indiskretionen, die mutmaßlich aus der Regierung kommen - und erneut eine Debatte um Gegenleistungen für die Freilassung einer deutschen Geisel in Afghanistan ausgelöst haben.

Nico Fried, Berlin

Das Auswärtige Amt trat Kritik an seiner Informationspolitik im Falle des getöteten Rüdiger D. entgegen. Bei den Bemühungen um die Freilassung der zweiten Geisel, Rudolf B., gab es am Wochenende keine erkennbaren Fortschritte.

Merkel, die derzeit im Urlaub ist, sorgt sich nach Angaben aus Regierungskreisen um die vertrauliche Arbeit des Krisenstabs, der sich um die Freilassung von Rudolf B. bemüht. Die Kanzlerin erwarte, dass weiter, wie es bisher der Fall gewesen sei, sorgsam und umsichtig gearbeitet werden könne und nicht öffentlich diskutiert werde, hieß es.

Die Bild am Sonntag hatte berichtet, in der Regierung gebe es Streit, ob Forderungen der Entführer erfüllt werden sollten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sei entschlossen, im Zweifel auch Lösegeld zu zahlen, Innenminister Wolfgang Schäuble und Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (beide CDU) lehnten dies ab, um keine neuen Entführungen zu provozieren.

In Regierungskreisen hieß es, diese Darstellung sei schlicht falsch. Ähnliche Berichte hatten Merkel bereits in der vergangenen Woche veranlasst, öffentlich und intern klarstellen zu lassen, dass es innerhalb der Regierungsführung keine Differenzen gebe.

"In engem Kontakt"

Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg wie auch das Auswärtige Amt (AA) traten den neuen Spekulationen am Sonntag entgegen: Im aktuellen Entführungsfall in Afghanistan seien alle Entscheidungen im Krisenstab gemeinsam getroffen worden, erklärten Steg und AA-Sprecher Martin Jäger übereinstimmend. Jäger sagte weiter, sowohl das Innenministerium wie auch das Kanzleramt seien an den Beratungen des Krisenstabs immer beteiligt. Zudem stünden auch die Kanzlerin und der Außenminister "in engem Kontakt".

Jäger wies auch Kritik an der Informationspolitik im Falle des getöteten Rüdiger D. zurück. Steinmeier hatte vor zwei Wochen bei der Bestätigung des Todes des Bauingenieurs erklärt, es gebe keine Hinweise darauf, dass der Entführte ermordet worden sei. Rüdiger D. sei den Strapazen der Entführung erlegen. Die Obduktion der Leiche hatte jedoch vergangene Woche ergeben, dass Rüdiger D. nach einem Kreislaufkollaps von seinen Entführern erschossen wurde.

Jäger erinnerte daran, dass die Taliban vor zwei Wochen über mehrere Stunden erklärt hätten, sie hätten beide Geiseln getötet. "Die Lügen der Taliban durften nicht unwidersprochen bleiben", so Jäger. Die Bürger erwarteten zurecht, dass ein Außenminister "in einer so zugespitzten Situation nicht in Deckung geht, sondern das Notwendige sagt".

Alle zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Informationen hätten die Darstellung Steinmeiers gestützt, zumal auch die afghanische Regierung bereits zwei Stunden vorher den Tod Rüdiger D.'s an Herzversagen verkündet habe. Außenpolitiker von CDU und FDP hatten sich verwundert über Steinmeiers Äußerungen gezeigt und diese als voreilig bezeichnet.

Die Bemühungen um den in Afghanistan entführten Rudolf B. hielten auch am Wochenende an. Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes arbeite weiter intensiv daran, dass der 62-Jährige möglichst schnell freikommt, sagte ein Sprecher. Die Lage für die seit zweieinhalb Wochen verschleppten Südkoreaner wird unterdessen immer schwieriger.

Die Taliban verweigerten Ärzten auch am Wochenende den Zugang zu den 21 Entführten. Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi sagte der dpa, man traue den Medizinern nicht. Er hatte gesagt, zwei Geiseln seien lebensgefährlich krank.

© SZ vom 6.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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