EM-Krawalle:Gute und böse Klischees

Erst auf dem Kontinent rastet der britische Hooligan aus.

Von Christian Zaschke

In Großbritannien riefen die Bilder von randalierenden Fans bei der Fußball-EM auch deshalb so große Erschütterung hervor, weil sie im Gegensatz zu den ganz anderen britischen Bildern dieses Wochenendes standen. In London fanden die offiziellen Feierlichkeiten zum 90. Geburtstag von Königin Elizabeth II. statt: ein Gottesdienst am Freitag, die Militärparade "Trooping the Colour" am Samstag, am Sonntag ein royales Picknick auf der Prachtstraße The Mall. Zwar regnete es heftig, und dennoch standen Tausende Briten mit Picknickkörben in langen Schlangen und verbreiteten gute Laune. Es war das Großbritannien des reinsten Klischees.

In Frankreich war das andere britische Klischee zu sehen: betrunkene Männer, manche von der Sonne rotgeglüht, die singend ihre nackten Bäuche präsentieren und sich später prügeln. Man hatte gehofft, dass dieses Klischee dem Land nicht mehr entspricht, doch immer wieder zeigt sich das hässliche Gesicht des Hooligans. Interessant ist dabei, dass es in den heimischen Fußball-Ligen kaum mehr Gewalt gibt. Es scheint, als bringe die Reise auf den Kontinent das Schlechteste im britischen Fan hervor.

Was die Queen davon hielt, dass die Bilder ihrer Feiern von den Krawallen in Frankreich überschattet wurden, ist nicht bekannt. Sie hat sich dazu selbstverständlich nicht geäußert. Aber man darf ziemlich sicher sein: She was not amused.

© SZ vom 13.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: