Einsatz in Afghanistan:Bedenken gegen Awacs-Flüge

Lesezeit: 2 min

Der Einsatz von Awacs-Flugzeugen in Afghanistan stößt auf große Vorbehalte in Koalition und Opposition. Auf Anfrage der SZ gaben Fachpolitiker der Parteien zu verstehen, dass noch viele Fragen offen sind.

Peter Blechschmidt

Der Wunsch des Nato-Oberkommandierenden John Craddock nach Awacs-Aufklärungsflugzeugen für Afghanistan stößt im Bundestag auf Skepsis. Vor allem bei SPD, FDP und Grünen gibt es große Vorbehalte. Auch für die Union stellen sich noch viele Fragen, doch dürfte sie letztlich zustimmen. Die Linke lehnt das Ansinnen klar ab.

Awacs-Aufklärungsflugzeug der Nato (Foto: Foto: ddp (Archiv))

Die Anfrage Craddocks geht auf einen Wunsch des Oberkommandierenden der Afghanistan-Schutztruppe Isaf, David McKiernan, zurück. Sie ist an den Militärausschuss der Nato gerichtet, in dem die Generalstabschefs der Mitgliedstaaten vertreten sind. Dieses Gremium befasste sich am Dienstag in Brüssel erstmals mit dem Thema, ohne jedoch eine Empfehlung abzugeben.

Letztlich müssen die Außenminister der Nato-Staaten entscheiden. Eine Beteiligung der Bundeswehr wäre nur mit einem Mandat des Bundestags möglich. Die Awacs-Maschinen können als Leitstellen für den Einsatz von Nato-Kampfflugzeuge dienen. Bei ihrem Einsatz könnte wohl nicht wie bisher zwischen Isaf und der US-geführten Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" (OEF) unterschieden werden, was die Zustimmung des deutschen Parlaments erheblich erschweren dürfte.

Die Nato hat die Bereitstellung von fünf der fliegenden Frühwarnsysteme zunächst für ein Jahr beantragt. Sie begründen dies vor allem mit dem stark wachsenden Flugverkehr über Afghanistan, für dessen Überwachung nicht genügend Bodenstationen zur Verfügung ständen. Die Nato verfügt über insgesamt 17 dieser Maschinen. Deutschland stellt 40 Prozent der Besatzungen und trägt mit 27 Prozent der Kosten den zweitgrößten Anteil nach den USA. Ohne deutsche Beteiligung wäre ein Awacs-Einsatz in Afghanistan undurchführbar.

Deutsche politische Gremien waren mit der Nato-Anfrage noch nicht befasst, weshalb es auch noch keine offiziellen Festlegungen gibt. Formelle Beratungen im Bundestag sind - ohne Sondersitzung - erst nach der Sommerpause Mitte September möglich. Unabhängig davon machten die Fachpolitiker der Parteien auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung deutlich, dass für sie noch viele Fragen offen seien. Dazu gehört vor allem, ob ein Awacs-Einsatz in Aghanistan militärisch überhaupt sinnvoll ist.

"Äußerst problematisch"

Skeptisch zeigte sich der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold. In der Nato sei die Frage nicht ausreichend diskutiert worden, inwieweit man bei Luft-Boden-Kämpfen zivile Opfer billigend in Kauf nehme. Die FDP-Abgeordnete Birgit Homburger ist verärgert über die "Salamitaktik" der Bundesregierung. Als die Regierung im Juni die Aufstockung des Afghanistan-Kontingents um 1000 auf 4500 Mann angekündigt habe, sei von einem Problem bei der Luftraumüberwachung nicht die Rede gewesen.

"Äußerst problematisch" nannte der Grünen-Experte Winfried Nachtwei das Nato-Ansinnen, da der Einsatz noch stärker mit OEF verknüpft sein würde als die seit Frühjahr 2007 laufende Mission der deutschen Aufklärungs-Tornados. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Bernd Siebert, sieht keinen Zeitdruck. "Wenn alle Fragen solide beantwortet sind, dann sehe ich keine Möglichkeit, Nein zu sagen", sagte Siebert.

© SZ vom 30.7.2008/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: