Einsatz im Libanon:Eingreifen statt beobachten

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Was sollen die Soldaten machen und was nicht? Auch wenn sich die Vereinten Nationen noch nicht über die Regeln für den internationalen Einsatz verständigt haben: In der Bundesregierung überwiegt die Bereitschaft, das Mandat auch robust wahrzunehmen.

Nico Fried und Christoph Hickmann

Der Tagesordnungspunkt Libanon war im Kabinett schneller erledigt, als es vor ein paar Tagen noch erwartet worden war. Die Bundesregierung will keine Beschlüsse über ein Engagement im Nahen Osten fassen, bevor sich die Vereinten Nationen nicht über den Operationsplan und die Regeln für den internationalen Einsatz verständigen.

In diplomatischen Kreisen ist man vorsichtig optimistisch, dass dies auf einer Sitzung der Truppensteller am Donnerstag in New York gelingen könnte.

Das Problem, nicht nur für die Deutschen, besteht in der Konkretisierung des Einsatzes quasi von oben nach unten. Die Resolution 1701 sieht vor, dass die UN-Truppen alle "notwendigen Maßnahmen" ergreifen dürfen, um ein Wiederaufflammen der Kämpfe zu verhindern. Eine Ebene darunter muss nun ein Operationsplan erstellt werden, der diesen Auftrag genauer definiert: Was sollen die Soldaten machen und was nicht? Und noch eine Ebene darunter müssen dann die Regeln festgelegt werden: Was dürfen sie, was nicht? Dabei geht es insbesondere um die Frage der Gewaltanwendung.

Der entscheidende Punkt betrifft die in der Resolution geforderte Wiederherstellung der Autorität der libanesischen Regierung im Süden des Landes, zu der auch die Entwaffnung der Hisbollah gehören würde. In einem Entwurf zu den Verhaltensregeln, der am Mittwoch bekannt wurde, heißt es laut Agenturberichten, die UN-Soldaten dürften zur Selbstverteidigung, zum Schutz von Zivilisten und zur Erfüllung ihrer Mission Gewalt gegen bewaffnete Gegner anwenden.

Die Skepsis im Bundestag könnte wachsen

Einen möglichen bewaffneten Einsatz gegen die Hisbollah würde dies jedoch nur dann bedeuten, wenn im Operationsplan eben diese Entwaffnung als Teil der Mission definiert würde.

Aus deutscher Sicht ist die genaue Definition von besonderem Interesse, weil davon auch die Zustimmung des Parlaments zu einem Bundeswehr-Einsatz betroffen sein dürfte. Sollten die Regeln so ausfallen, dass ein direkter Einsatz der deutschen Marine gegen Waffenschmuggler vor der libanesischen Küste möglich wäre - zum Beispiel das Betreten eines verdächtigen Schiffes gegen den Willen des Kapitäns - dürfte die Skepsis im Bundestag wegen der damit verbundenen Gefahren wachsen.

Denkbar ist aber auch, dass die Marine im Wesentlichen die Überwachung der Küste übernimmt, für ein Vorgehen gegen Waffenschmuggler jedoch die Libanesen ruft oder Einsatzkräfte der Libanesen von vorneherein im Verbund mit den Deutschen agieren.

In der Bundesregierung überwiegt die Bereitschaft, das Mandat auch robust wahrzunehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte bereits bei der Unterrichtung der Fraktionen vergangene Woche klar, dass nicht daran gedacht sei, Aktivitäten vor der libanesischen Küste lediglich zu beobachten, im Ernstfall aber überhaupt nicht einzugreifen. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass die Marine genau so hilflos agiere wie die Unifil-Truppen, die bisher an der libanesisch-israelischen Grenze stationiert waren.

© SZ vom 24.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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