Einigung zu Steuerreform:"Wir haben es geschafft"

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Eigentlich sollten in der Bereinigungssitzung am Abend nur noch Details geklärt werden. Doch wegen eines angeblichen Milliarden-Rechenfehlers entbrannte der Streit im Vermittlungsauschuss auf ein Neues, bevor sich Regierung und Opposition schließlich doch auf den Reformkompromiss einigten.

Nach der mehrstündigen und phasenweise heftigen Debatte im Vermittlungsausschuss zeigte sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Müntefering zeigte sich erleichtert: "Wir haben es geschafft." Damit sei "die Spur gelegt für die Erneuerung des Landes", sagte er.

Die so genannte Bereinigungssitzung habe am späten Dienstagabend "all das bestätigt, was am Sonntag vereinbart worden ist", sagte Müntefering nach Abschluss der Verhandlungen in Berlin.

Der Vermittlungsausschuss hatte am Dienstagabend eigentlich in der so genannten Bereinigungssitzung nur noch Formulierungsfragen und letzte offene Details klären wollen. Wegen eines angeblichen Rechenfehlers waren die Verhandlungen aber zunächst erneut offen: Die Union warf der Koalition vor, der Steuerzahler werde um 1,2 Milliarden Euro mehr entlastet, als die Union beabsichtigt hatte.

Die Regierungskoalition wies diesen Vorwurf zurück und verwies auf die gemeinsame Entscheidung bei den Verhandlungen in der Nacht zum Montag. Am Ende blieb es dann bei der bisher bekannten Entlastung für Bürger und Wirtschaft von rund 15 Milliarden Euro im kommenden Jahr.

Merz: Kein großer Wurf

Die geänderten Gesetzesvorlagen sollen den Fraktionen am Donnerstag vorliegen. Bis Freitag würden die Reformen dann in "ordentliche Texte" gefasst. Unions-Geschäftsführer Volker Kauder (CDU) sagte, die Kompromisslösung trage "die deutliche Handschrift der Union, deshalb haben wir unsere Zustimmung gegeben".

Die Steuerlast von Bürgern und Mittelstand sinkt nächstes Jahr um 15 Milliarden Euro. Nach Angaben beider Seiten wird das teilweise Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 nun doch zu 30 Prozent mittels Krediten bezahlt. Die Union wollte eigentlich höchstens 25 Prozent akzeptieren. Zu den Arbeitsmarktreformen zählt auch eine Lockerung des Kündigungsschutzes und eine Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln für Langzeitarbeitslose.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz, zeigte sich enttäuscht über die Steuerentlastung. Der Bild-Zeitung sagte er: "Dies war gewiss nicht der große Wurf. Es war eine Einigung auf dem kleinsten Nenner. Mehr ging nicht, angesichts des verkorksten Gesamtkonzepts der Bundesregierung."

Zitterpartie im Bundestag

Merz kündigte eine Initiative für weitere Steuersenkungen an. Er werde "im ersten Halbjahr 2004" sein Stufentarif-Modell (12/24/36 Prozent) "als Gesetzentwurf im Bundestag einbringen". Dann müssten alle Parteien Farbe bekennen.

Die Abstimmung zum aktuellen Reformpaket könnte am Freitag im Bundestag könnte für Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nochmal zur Zitterpartie werden. Mehrere Abgeordnete von SPD und Grünen haben bereits angekündigt, die Arbeitsmarktgesetze ablehnen zu wollen.

Öffentlich auf ein Nein festgelegt haben sich bereits die SPD-Abgeordneten Ottmar Schreiner und Horst Schmidbauer. Der Grüne Hans-Christian Ströbele, der zunächst auch zur Front der Ablehner gezählt wurde, wollte sich noch nicht festlegen. Der Sprecher der Ost-Grünen im Bundestag, Peter Hettlich, sagte der Berliner Zeitung , "bei den verschärften Regeln zur Zumutbarkeit für Arbeitslose ist für mich die Zumutbarkeit überschritten." Er werde dem Kompromiss nicht zustimmen. Die Abgeordnete Jutta Dümpe-Krüger sehe dies ähnlich und werde ebenfalls mit Nein stimmen, berichtete die Zeitung.

© sueddeutsche.de/AP/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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