"Ein falsches Signal":Politiker von SPD und Grünen lehnen Kanzler-Pläne ab

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China kann ungeachtet aller Kritik aus der rot-grünen Koalition damit rechnen, dass der geplante Export der Hanauer Plutoniumfabrik zu Stande kommt. Bundeskanzler Gerhard Schröder bekräftigte während seiner China-Reise, er werde an dem Vorhaben festhalten, das beim grünen Koalitionspartner aber auch in Teilen der SPD umstritten ist.

Von Susanne Höll und Philip Grassmann

(SZ vom 04.12.2003) - Es gebe nur wenige Möglichkeiten, einen Export zu verhindern, und dies sei auch nicht angebracht, sagte Schröder in der Provinzhauptstadt Chengdu. Er betonte, es gehe nicht um Atomwaffenproduktion, sondern um die friedliche Nutzung von Kernenergie.In Regierungskreisen hieß es, Schröders Position sei in der Bundesregierung und damit auch im vom Joschka Fischer (Grüne) geleiteten Auswärtigen Amt bekannt.

Die Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes machten es kaum möglich, diesen Antrag der Firma Siemens abzulehnen. Fischer wollte sich ebenso wie andere führende Regierungsmitglieder und die Fraktionschefs von SPD und Grünen nicht zu dem Vorgang äußern.

Kritik von Noch-Grünen-Chefin Beer

Protest kam aber von der scheidenden Parteivorsitzenden der Grünen, Angelika Beer. Sie nannte den Verkauf der Anlage, mit der Brennelemente aus Uran und Plutonium für Atomreaktoren hergestellt werden, "politisch unvernünftig".

Es sei "widersinnig", einerseits den Atomausstieg zu beschließen und andererseits Anlagen zu exportieren, mit denen man "waffenfähiges Plutonium" herstellen könne, sagte sie im WDR.> Damit drohe Schröder, das Waffenembargo gegen China zu brechen.

Allerdings handelt es sich bei der Plutoniumfabrik nicht um ein reines Rüstungsgut, sondern um eine sowohl zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken nutzbare Anlage, die somit nicht unter die Exportregelungen für Waffen fällt. Beer verlangte ein Koalitionstreffen zu dem geplanten Export. In der Bundesregierung wurde allerdings zunächst keine Notwendigkeit für ein solches Treffen gesehen.

Widerstand bei den Sozialdemokraten

Widerstand gegen den Export gibt es nicht nur bei den Grünen, sondern auch bei der SPD. Das SPD-Bundesvorstandsmitglied Gernot Grumbach lehnte den Verkauf mit der Begründung ab, er verstoße sowohl gegen die Prinzipien einer nachhaltigen Energiewirtschaft als auch gegen die Grundsätze der Nicht-Weiterverbreitung von militärisch nutzbarer Atomtechnologie.

Der Politiker, der auch Chef der SPD-Südhessen ist, sagte weiter, sein Verband habe nicht jahrzehntelang die Plutoniumtechnologie im eigenen Land bekämpft, um sie jetzt in ein Land wie China zu exportieren. Auch aus der SPD-Bundestagsfraktion mehrten sich die kritischen Stimmen. Der Abgeordnete Hermann Scheer sagte: "Dass der Bundeskanzler keine Bedenken gegen einen Export hat, finde ich allzu bedenkenlos."

Mit Blick auf die Atomausstiegspolitik der rot-grünen Koalition fügte er hinzu: "Ich halte das Vorhaben für ein falsches Signal." Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Michael Müller sagte, er sehe das Vorhaben mit Skepsis, zunächst müsse jedoch die Ausfuhr in aller Ruhe geprüft werden. Eine Entscheidung wird erst im nächsten Jahr erwartet.

FDP und Grüne: China verletzt weiterhin Menschenrechte

Kritik wurde auch an der von Schröder angeregten Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China laut. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Roth (Grüne), sagte, von einer Entwarnung hinsichtlich der Menschenrechtslage könne keine Rede sein. "Wenn Deutschland jetzt aus dem Embargo ausbrechen will, schadet man dem Menschenrechtsdialog mit den Chinesen", sagte sie der Süddeutschen Zeitung.

Auch FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt kritisierte das Vorhaben. Er wies darauf hin, dass es in China immer noch viele Menschenrechtsverletzungen gebe, dass die Lage in Tibet höchst problematisch und die Kriegsdrohungen gegenüber Taiwan untragbar seien.

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