Ehemaliger Guantanamo-Häftling:Neue Ermittlungen im Fall Kurnaz

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Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat im Fall Murat Kurnaz überraschend die Ermittlungen wieder aufgenommen. Es sollen neue Zeugen vernommen werden.

Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat im Fall Murat Kurnaz überraschend die Ermittlungen wieder aufgenommen. Der Anwalt des ehemaligen Guantánamo-Häftlings habe neue Zeugen benannt, teilte die Stuttgarter Generalstaatsanwaltschaft am Montag mit.

Daraufhin hätten die Tübinger Staatsanwälte entschieden, ihre Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung gegen zwei Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) fortzusetzen. Ende Mai hatte die Staatsanwaltschaft das Verfahren mangels Beweisen eingestellt.

Nähere Angaben zu den Zeugen oder dem möglichen Gegenstand ihrer Aussagen konnte der Leitende Oberstaatsanwalt Rainer Christ nicht machen. Die Beschwerde, mit der Kurnaz' Anwalt Bernhard Docke eine Fortsetzung der Ermittlungen erzwingen wollte, ist damit vorerst gegenstandslos. Die Staatsanwaltschaft Tübingen und Docke waren für Stellungnahmen zunächst nicht zu erreichen.

Kurnaz wirft zwei KSK-Soldaten vor, ihn im Januar 2002 in einem amerikanischen Gefangenlager in Afghanistan misshandelt zu haben. Die Beschuldigten hatten die Vorwürfe bestritten. Sie hatten aber eingeräumt, dass es in dem Lager zur fraglichen Zeit zu einer Begegnung mit Kurnaz gekommen war.

Jahrelang im Gefangenenlager

Der in Bremen aufgewachsene Türke war 2001 in Pakistan festgenommen und über Kandahar ins US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba gebracht worden. Erst im Sommer 2006 kam er frei. Der BND-Untersuchungsausschuss des Bundestags beschäftigt sich mit dem Fall.

Nach Ansicht der Tübinger Staatsanwälte spricht manches für Kurnaz Version des Aufeinandertreffens mit den KSK-Soldaten, es fehlten aber Beweise. "Trotz verbleibenden Verdachts lässt sich nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ein Nachweis nicht führen", hatte der Leitende Oberstaatsanwalt Walter Vollmer Ende Mai gesagt.

Docke hingegen hielt die Ermittlungsergebnisse ausreichend für eine Anklage. !Wenn es letzte Zweifel gibt, dann wären die in einer Hauptverhandlung zu klären."

Entscheidende Bedeutung hatte die Staatsanwaltschaft einem Lastwagen beigemessen, hinter dem Kurnaz nach seinen Angaben misshandelt wurde. Zum zwischenzeitlichen Stopp der Ermittlungen führte demnach auch, dass die Behörde nicht herausfinden konnte, ob ein Lastwagen des von Kurnaz beschriebenen Typs im Lager existierte.

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