Dschihadwerbung:"Zielgerichtet radikalisiert"

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Niedersachsen verbietet den "Deutschsprachigen Islamkreis Hildesheim", für Innenminister Pistorius ein "Hotspot" der Islamistenszene.

Das Verbot des Hildesheimer Vereins Deutschsprachiger Islamkreis (DIK) war vollzogen, und Niedersachsens Innenminister hatte keine Lust auf Missverständnisse. "Diese Maßnahme richtet sich ausdrücklich nicht gegen die vielen friedlich hier lebenden Muslime", sagte Boris Pistorius (SPD) deshalb, "sondern gegen verblendete Fanatiker, die diese Weltreligion für ihre Zwecke missbrauchen und Terrororganisationen wie den selbst ernannten ,Islamischen Staat' und dessen menschenverachtende Ziele unterstützen." Die Klarstellung klang wie die Verkündigung einer Selbstverständlichkeit, und doch war sie wichtig, um an diesem aufgeregten Tag im Norden Hildesheims mit viel Polizei in der DIK-Moschee keine falschen Ängste aufkommen zu lassen in der deutschen Vielfaltsgesellschaft.

Am frühen Dienstagmorgen rückten 368 Polizeikräfte an, um die Räumlichkeiten des Vereins zu durchsuchen und Mitgliedern die Verbotsverfügung zu übergeben. Die Aktion war natürlich nicht angekündigt, aber eine echte Überraschung war sie auch nicht. Die Sicherheitsbehörden wussten schon lange, dass es sich beim DIK um einen Hotspot der radikalen Salafistenszene und Zubringer der Terrormiliz Islamischer Staat handelt. Niedersachsens Verfassungsschutz beobachtete den Verein. NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung berichteten von einer konspirativen Besprechung im Keller der Moschee im Sommer 2015. Es sei über Anschläge gesprochen worden. Auch der Attentäter Anis Amri, der im Dezember mit einem Lkw in einen Berliner Weihnachtsmarkt raste, soll in diesem geheimen Zirkel verkehrt haben. Ermittler fragten sich im Dezember, warum der DIK immer noch existieren dürfe.

Das vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren lief seit 2015. Im Sommer 2016 durchsuchte die Polizei Moscheeräume und Wohnungen von acht Vereinsfunktionären und Hintermännern. Wie Niedersachsens Innenministerium erklärte, waren "insbesondere" das Beweismaterial aus diesen Razzien Grundlage dafür, das Verbot jetzt tatsächlich durchzusetzen. Im DIK seien Muslime "in konspirativer Art und Weise zielgerichtet radikalisiert und unter anderem dazu bewegt wurden, in das Kriegsgebiet nach Syrien beziehungsweise in den Irak auszureisen".

Pistorius sagte: "Dieser Verein hat Frauen und Männer dabei unterstützt, sich einer menschenverachtenden dschihadistischen Organisation anzuschließen, um in Syrien, im Irak, im Zweifel aber auch hier in Deutschland schwerste Verbrechen zu begehen." Er lobte das Verbot als "enorm wichtigen und harten Schlag gegen islamistische Extremisten".

© SZ vom 15.03.2017 / Thomas Hahn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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