Dreikönigstreffen:FDP will "Anwalt der vergessenen Mitte" sein

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Parteichef Westerwelle hat auf dem traditionellen FDP-Treffen für die Liberalen den Anspruch reklamiert, die Interessen breiter Volksschichten zu vertreten. Zugleich griff er die Regierungskoalition scharf an.

Auf dem Dreikönigstreffen seiner Partei in Stuttgart bezeichnete er die FDP als "Anwalt der vergessenen Mitte in Deutschland, derer die morgens nicht liegen bleiben, sondern aufstehen, ihre Kinder zur Schule bringen und arbeiten gehen".

Guido Westerwelle: "Nächstenliebe ist keine staatliche Dienstleistung" (Foto: Foto: ddp)

Westerwelle sagte, die FDP wolle sich "denen entgegenstellen, die meinen, mit ihren roten Fahnen hätten sie die Begriffshoheit über den Begriff 'sozial'".

Alle anderen Parteien übersetzten "sozial" nur noch mit "staatlichem Umverteilen", sagte der Hauptredner der traditionellen Kundgebung in der Stuttgarter Oper.

"Sozial" sei aber "in der Urbedeutung eine gesellschaftliche Kategorie und Nächstenliebe keine staatliche Dienstleistung". Der Sozialstaat müsse jenen helfen, die sich selbst nicht helfen könnten.

Westerwelle kritisiert Spitzenverdiener

Westerwelle machte einen klaren Unterschied zwischen bedürftigen und arbeitsfähigen, aber nicht leistungswilligen Menschen - für letztere dürfe kein Euro ausgegeben werden.

Er kritisierte aber auch das Verhalten von Spitzenverdienern. Es sei "nicht hinnehmbar, dass man die Vorstandsgehälter um 30 Prozent erhöht und zugleich die Entlassung von Tausenden Mitarbeiter ankündigt".

Einen parteiübergreifenden Neufang verlangte Westerwelle in der Debatte um die "verkorkste Gesundheitsreform". Stoiber müsse "die Bremse ziehen" und nicht nur die Lippen spitzen, sondern auch pfeifen.

"Schönreden, aussitzen, abkassieren"

Zum Auftakt hatte Westerwelle der Koalition jede wirtschaftspolitische Kompetenz abgesprochen. Die große Koalition betreibe mit den von ihr durchgesetzten Steuererhöhungen in Zeiten wirtschaftlicher Erholung eine "törichte Politik". Er persönlich sei "davon überzeugt, dass selbst das Wetter mehr mit dem Aufschwung in Deutschland zu tun hat als diese Regierung".

Die Wirtschaft floriere "nicht wegen, sondern trotz Schwarz-Rot", sagte auch FDP-Generalsekretär Dirk Niebel. Die Realität der Regierungsarbeit sei "schönreden, aussitzen, abkassieren", vor allem letzteres auch dank Steuergesetzen, die keiner mehr verstehe.

Zur Illustration hatte Niebel ein getrocknetes Schweineohr auf die Bühne mitgebracht, das je nachdem, ob es klar als Hundefutter deklariert ist oder nicht, unterschiedlichen Steuersätzen unterliege. Angesichts solcher Zustände bekomme "das Wort Berlin-Blockade eine ganz neue Bedeutung".

"Sumpf bleibt Sumpf"

Wahre Größe könnte die Koalition nach Niebels Worten stattdessen beweisen, "wenn sie diese unsäglich verkorkste Gesundheitsreform stoppen würde".

Der FDP-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, Ulrich Noll, sprach im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform von einem Sumpf, dessen Tiefe Gutachter jetzt ausmessen sollten.

"Aber Sumpf bleibt Sumpf, egal ob zehn oder hundert Meter tief". Deshalb müsse das gesamte Reformpaket gestoppt und neu aufgelegt werden, forderte Noll.

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