Doppelpass:Passt nicht mehr

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Die CDU stellt nach dem türkischen Referendum die doppelte Staatsangehörigkeit infrage und will einen Kompromissvorschlag zum Wahlkampfthema machen. Dabei hatte Angela Merkel sich bereits anders positioniert.

Von Nico Fried, Berlin

In der CDU wächst der Druck auf die Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel, zumindest die teilweise Rücknahme der doppelten Staatsbürgerschaft zu einem Thema im Wahlkampf zu machen - entgegen ihrer ursprünglichen Absicht. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner sagte der Zeitung Die Welt: "Wahlprogramme greifen aktuelle Fragestellungen auf. Dazu zählt auch der Doppelpass." Merkel hatte einen Beschluss des CDU-Parteitags im Dezember 2016 zurückgewiesen, der eine Rücknahme der doppelten Staatsbürgerschaft forderte. Zugleich hatte sie die Erwartung geäußert, dass das Thema im Wahlkampf keine große Rolle spielen werde.

Klöckners Kollege im stellvertretenden Parteivorsitz und baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl zeigte sich befremdet darüber, dass "eine Mehrheit, die hier bei uns in Deutschland ein Leben in Freiheit und Demokratie genießt, für ein zunehmend autoritäres Regime stimmen kann". Dies zeuge von mangelnder Integration, auch von mangelnder Integrationsbereitschaft. "Mit Blick auf unser Wahlprogramm müssen wir uns in der CDU sehr genau damit beschäftigen, was das auch für den Doppelpass bedeutet", sagte Strobl. "Ich halte es jedenfalls für falsch, wenn doppelte Staatsbürgerschaften über Generationen hinweg geführt werden." Er wolle "mindestens von der zweiten Generation, die in Deutschland geboren ist", eine Entscheidung für eine der beiden Staatsbürgerschaften.

Der Kompromiss: Ein Doppelpass soll von der dritten Generation an nicht mehr möglich sein

Strobl ging damit in Richtung einer möglichen Kompromisslösung für das Wahlprogramm, die in der CDU bereits diskutiert wird und auf einen Vorschlag von Innenminister Thomas de Maizière zurückgeht. Demnach soll die doppelte Staatsbürgerschaft ab der dritten Generation nicht mehr möglich sein. Merkel ließ am Mittwoch ihre bisherige Position bekräftigen: "Die Bundesregierung plant derzeit nicht, das Staatsangehörigkeitsrecht zu ändern", sagte die Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Als Parteivorsitzende hat sich Merkel bislang allerdings noch nicht öffentlich zu den möglichen Kompromisslösungen für das Wahlprogramm geäußert.

Obwohl 63 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Deutschland für die Einführung des umstrittenen Präsidialsystems in der Türkei gestimmt hatten, sieht Merkel auch sonst keinen akuten Handlungsbedarf. "Kritik an Wählern hilft ja grundsätzlich sowieso nicht weiter, insofern geht es doch eher darum, die Menschen, die hier leben, von dem guten Einfluss unseres Systems zu überzeugen", sagte Sprecherin Demmer. Die Regierung betrachte Integration als "eine der wichtigsten innenpolitischen Aufgaben".

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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