Donald Rumsfeld in Afghanistan:Der Mutmacher

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Die Gefahr wächst und aus dem Süden des Landes ziehen sich die Hilfsorganisationen zurück. Aber der US-Verteidigungsminister verspricht Sicherheit.

Donald Rumsfeld ist zufrieden mit der Entwicklung in Afghanistan. Er kam, sah und sagte, das Land habe "wirklich bemerkenswerte Fortschritte" auf dem Weg zur Stabilisierung gemacht.

Nachdem der US-Verteidigungsminister in Kabul mit Präsident Hamid Karsai zusammengekommen und etwas entfernt, nahe der amerikanischen Botschaft eine Rakete explodiert war, wagte er sogar ein Versprechen: In sechs bis zwölf Monaten werde Afghanistan ein sicheres Land sein.

Wie schwierig die Einhaltung von Versprechen in diesem Fall aber ist, müsste Rumsfeld noch in Erinnerung sein von seinem vorigen Trip zum Hindukusch. Einst im Mai hatte er von Amts wegen das Ende der "größeren Kampfhandlungen" und die sofortige Priorität des Wiederaufbaus verkündet.

Was folgte, waren von August an die schwersten Kämpfe zwischen alliierten Truppen und regruppierten Taliban-Verbänden seit Kriegsende. Bis heute wurden dabei mehr als 400 Menschen getötet - Angreifer, US-Soldaten, afghanische Sicherheitskräfte, Zivilisten und humanitäre Helfer.

Die Lage im Süden und Südosten des Landes hat sich dramatisch verschlechtert. Etwa zehntausend im Land verbliebene amerikanische Soldaten, die losgelöst vom Einsatz der internationalen Friedenstruppe Isaf auf Terroristenjagd sind, sehen sich wachsendem Widerstand gegenüber, der nun auch den politischen Prozess mit den für Juni geplanten Wahlen bedroht.

Doch Rumsfeld hält Kurs: "Es ist keine große Überraschung, dass die, die besiegt und vertrieben wurden, zurückkommen wollen", sagt er. "Aber das wird ihnen nicht gelingen."

Unruhe im Süden

Der unruhige Süden des Landes, aus dem sich die Vereinten Nationen und die privaten Hilfsorganisationen wie nun auch die "Ärzte ohne Grenzen" zurückziehen, gehörte nicht zu Rumsfelds Reisezielen. Er beschränkte sich vor seinen politischen Gesprächen und einem Treffen mit Soldaten in Kabul darauf, im Norden nach dem Rechten zu sehen.

Und auch dort besteht durchaus Bedarf nach einer ordnenden Hand. In Masar-i-Scharif traf Rumsfeld daher die beiden mächtigsten Warlords der Region: den Usbeken Raschid Dostum und den Tadschiken Atta Mohammed.

Beide sind alte Freunde der Amerikaner, weil sie hilfreich waren bei der Vertreibung der Taliban. Beide bekennen sich öffentlich zur Kooperation mit der Kabuler Zentralregierung. Doch zugleich hetzen die beiden ihre Milizen aufeinander.

Rumsfeld hätte also bei seinem Besuch in Masar aus eigener Anschauung lernen können, wie schwer es ist, die Geister, die man gerufen hat, zu zähmen. Doch auch hier obsiegte der Optimismus: Der Minister zeigte sich erfreut über die schon mehrmals bekundete Bereitschaft der beiden Generäle zur Entwaffnung. Wie schnell das gehe, müsse man abwarten.

SZ vom 5.12.2003

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