Diplomatischer Eklat:Mündliche Absage

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Einer Gruppe deutscher Abgeordneter wurde die Reise zum deutschen Tornado-Kontingent im türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik versagt. (Foto: Falk Bärwald/dpa)

Ankara versagt deutschen Abgeordneten die Genehmigung für eine Reise zum deutschen Tornado-Kontingent im türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Grund ist die Armenien-Resolution.

Von Stefan Braun, Berlin

Noch ist es nur eine mündliche Information, keine schriftliche Absage. Noch also hofft man im Bundesverteidigungsministerium, dass sich die Sache vielleicht am Ende doch in Luft auflöst. Aber fürs Erste hat Ankara im Streit um die Armenien-Resolution des Bundestages ein neues Kapitel aufgeschlagen. Die türkische Regierung hat einer Gruppe deutscher Abgeordneter, angeführt von Verteidigungsstaatssekretär Ralph Brauksiepe, die Genehmigung für eine Reise zum deutschen Tornado-Kontingent im türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik versagt.

Das erfuhren die Mitglieder des Verteidigungsausschusses am Mittwoch in einer nicht-öffentlichen Sitzung. Generalleutnant Dieter Warnecke, im Verteidigungsministerium Leiter der Abteilung Strategie und Einsatz, sagte nach Angaben von Ausschuss-Mitgliedern, die Absage sei direkt mit der Armenien-Resolution des Bundestages begründet worden. Zuerst hatte darüber Spiegel Online berichtet.

Im Verteidigungsministerium hieß es am Nachmittag noch, man werde erst einmal an den Reiseplänen festhalten. Die Gruppe wolle Anfang Juli nicht nur nach Incirlik reisen, sondern auch in den Nordirak, nach Kuwait und Katar, um deutschen Soldaten und den internationalen Kommandozentralen im Kampf gegen den so genannten Islamischen Staat einen Besuch abzustatten. Nun will man abwarten, ob in den nächsten Tagen eine schriftliche Begründung für die Absage nachgeliefert werde. Gleichwohl wird das Verhalten der türkischen Seite als massiver Affront gewertet. Bislang galt es als Tabu, die militärische Zusammenarbeit wegen politischer Auseinandersetzungen zu gefährden. Nun sieht es so aus, als ob Ankara den Konflikt um die Armenien-Resolution auch in das Bündnis und die Zusammenarbeit mit Nato-Partnern ziehen könnte. Nachdem der Bundestag in einer Resolution die Massaker und Verbrechen an den Armeniern unmissverständlich als Völkermord bezeichnet hatte, drohte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit heftigen Konsequenzen. Unter anderem hatte die türkische Regierung kurz darauf ihren Botschafter aus Berlin nach Ankara geholt.

Bislang bemüht sich das Verteidigungsministerium, das Wort Eklat zu vermeiden. Warnecke verwies im Verteidigungsausschuss darauf, an allen anderen Stellen laufe die Kooperation weiter sehr gut. Dass Ankara daran nun Zweifel sät, konnte er aber nicht verhindern.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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