Die Berliner Mauer:Nach sechs Stunden dicht

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"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten", beteuerte der DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht noch im Juni 1961 auf einer Pressekonferenz. Knapp zwei Monate später wurde der "antifaschistische Schutzwall" dann doch gebaut.

Ziel war laut Beschluss des DDR-Ministerrats, die Grenzen zur Bundesrepublik und zu West-Berlin "zur Unterbindung der feindlichen Tätigkeit der revanchistischen und militärischen Kräfte" abzuriegeln. Der tatsächliche Grund war die massenhafte Abwanderung von Arbeitskräften seit Beginn der 50er Jahre. Bis zum Sommer 1961 waren rund 2,5 Millionen DDR-Bürger in den Westen geflüchtet.

Nach dem Truppenalarm am 13. August um null Uhr war bereits nach sechs Stunden die 155 Kilometer lange Grenze Ost-Berlins und der DDR zu West-Berlin dicht. Von 81 Grenzübergängen wurden 69 sofort gesperrt, fünf weitere in den folgenden Tagen. Die restlichen sieben waren fortan nur noch für Besucher der DDR und den Warenverkehr passierbar. Die Mauer durchtrennte 192 Straßen, 32 Eisenbahnlinien, acht S-Bahn- und vier U-Bahnlinien, drei Autobahnen sowie mehrere Flüsse und Seen.

Anfangs bestanden die Sperranlagen in und um Berlin noch in erster Linie aus Stacheldrahtzäunen. Bis 1989 wurden die Grenzbefestigungen mehrmals modernisiert und ausgebaut. Die eigentliche Mauer war zuletzt 106 Kilometer lang.

300 Wachtürme

Der Grenzwall wurde aus 3,50 bis 4,20 hohen, 1,20 breiten und fast drei Tonnen schweren Betonplatten errichtet. Neben dem "vorderen Sperrelement" gab es auf dem 30 bis 100 Meter breiten Todesstreifen weitere Sicherheitsanlagen, unter anderem rund 300 Wachtürme, 20 Bunker, 260 Hundelaufanlagen und zahlreiche Scheinwerfermasten.

Auch die fast 1.400 Kilometer lange innerdeutsche Grenze wurde durch massive Grenzanlagen abgeriegelt. Für die Grenzsoldaten galt der "Schießbefehl", nach dem Grenzdurchbrüche "unter Anwendung aller zur Verfügung stehenden Mittel" verhindert werden sollten.

Nach den Recherchen der Berliner "Arbeitsgemeinschaft 13. August" kamen zwischen 1946 und 1989 mindestens 1.008 Menschen an der innerdeutschen Grenze ums Leben. Nur rund 1,9 Kilometer Mauer blieben in Berlin als Denkmal stehen.

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