DFB-Präsident Zwanziger beim Grünen-Parteitag:"Die Grünen - lauter Freunde des Sports"

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DFB-Präsident Theo Zwanziger hat als Gastredner auf dem Grünen-Parteitag den gemeinsamen Kampf gegen Rassismus beschworen. Im Gespräch mit sueddeutsche.de ist er voll des Lobes - über die Grünen und über Partei-Chefin Roth.

Oliver Das Gupta

sueddeutsche.de: Herr Zwanziger, Sie haben vor der berühmt-berüchtigten Grünen-Basis gesprochen - und eher mehr Applaus als Parteichefin Roth bekommen. Haben Sie eine Erklärung, warum?

Theo Zwanziger: "Der inhaltliche Konsens mit diesem Teil der politischen Arbeit der Grünen ist sehr ausgeprägt." (Foto: Foto: AP)

Theo Zwanziger: (lacht) Das müssen Sie die Vorsitzende fragen! Spaß beiseite: Ich hoffe, ich konnte vermitteln, dass ich es ehrlich meine. Wir vom DFB kämpfen gegen Rassismus und jede Form von Diskriminierung mit Projekten - und das haben mir die Grünen offenbar abgenommen. Der inhaltliche Konsens mit diesem Teil der politischen Arbeit der Grünen ist sehr ausgeprägt.

sueddeutsche.de: Daneben gibt es auch noch eine persönliche Wertschätzung: Wie kam es zu der Freundschaft zu Claudia Roth?

Zwanziger: Wir haben uns im Zuge der Weltmeisterschaft ziemlich oft gesehen. Dabei habe ich schnell gemerkt: Diese Frau hat nicht nur klare Standpunkte, sie hat auch Herz. Claudia Roth ist von einer ungewohnt offenen Herzlichkeit. Für mich verbindet sich das mit dem Wert Ehrlichkeit. Bei ihr habe ich das Gefühl: Das, was Sie vertritt, meint Sie ehrlich.

sueddeutsche.de: Gerade in der Union scheiden sich an Roth die Geister. Was sagt das CDU-Mitglied Theo Zwanziger dazu?

Zwanziger: Das kann jeder halten, wie er will.

sueddeutsche.de: Claudia Roths Verbalattacken sind gefürchtet.

Zwanziger: Als Vorsitzende einer Partei muss Sie auch mal zugespitzter formulieren, um wahrgenommen zu werden. So ist das in unserer Mediengesellschaft. Das ist der parteipolitische Auftrag. Aber ich sehe den Menschen Claudia Roth. Und für den habe ich eine große Sympathie gewonnen.

sueddeutsche.de: Sie sagten in Ihrer Rede, Sie hätten von Claudia Roth gelernt. Verraten Sie uns was?

Zwanziger: Das war kein "fishing for compliments". Wenn man Verantwortung in einem großen Sportverband trägt, dann hat man sich nicht am Parteibuch zu orientieren, sondern an Menschen und Inhalten. Früher tat ich mich damit schwerer, heute leichter - dank Claudia Roth.

sueddeutsche.de: Was für Folgerungen können Sie aus dieser Erkenntnis Ihren Parteifreunden mit auf den Weg geben im Hinblick auf die Koalitions-Variante Schwarz-Grün?

Zwanziger: Das müssen die Politiker entscheiden.

sueddeutsche.de: Anders gefragt: Was sagen Sie Unions-Mitgliedern im Hinblick auf die Grünen?

Zwanziger: Nur so viel: Auf dem Weg zur WM 2006 habe ich eine unglaubliche Verlässlichkeit bei den grünen Kabinettsmitgliedern feststellen können, auch Jürgen Trittin - lauter Freunde des Sports. Es wäre falsch, ungerecht und unehrlich, die Menschen, die für grüne Politik stehen, auszugrenzen. Darüber hinaus hilft Claudia Roth uns als großem Sportverband mit ihrem gesellschaftlichen Engagement. Warum sollen die Fußballer und Fußballerinnen nicht wissen, dass die Sympathie zwischen Grünen-Chefin und DFB-Präsident nicht geheuchelt ist? Wir sind uns menschlich sehr nah und bei den Fragen, auf die es mir ankommt.

sueddeutsche.de: Und auf welche Themen kommt es nicht an?

Zwanziger: Den Ausstieg aus der Kernenergie, zum Beispiel. Das gehört auch nicht zu unseren Aufgaben, wir entscheiden ja auch nicht über Hartz IV. Aber wir entscheiden darüber, ob ein Sportverband mit mehr als sechs Millionen Mitgliedern aus der Geschichte gelernt hat oder nicht. Da muss ich Überzeugungsarbeit in unseren Reihen leisten, was immer leichter wird, weil die Botschaft ankommt. Und dabei brauche ich alle, die guten Willens sind, damit das an der Basis ankommt. Da ist Claudia Roth ein wunderbarer Partner.

sueddeutsche.de: Eigentlich hätten Sie mit Franz Beckenbauer in Durban sein sollen, haben sich aber für ihren Nürnberger Auftritt entschieden. Hat er deshalb gerade angerufen?

Zwanziger: Franz rief an wegen eines Länderspiels unserer U20-Frauen gegen Südafrika. Denn als er in Südafrika angekommen war, wurde er dort gefragt: Wie haben die denn in Deutschland gespielt? Franz wollte sich vergewissern, dass die Partie 1:1 ausgegangen war. Ich sagte ihm, dass ich gerade auf dem Grünen-Parteitag bin.

sueddeutsche.de: Franz Beckenbauer gilt politisch als konservativ.

Zwanziger: Sie müssen wissen: Franz ist da total offen. Auch er hat gute Erfahrungen mit den Grünen gemacht, mit Joschka Fischer. Wir Fußballer können auch helfen, dass in der Politik die hohen Wogen der Auseinandersetzung ein Stück weit geglättet werden. Dann können wir uns alle besser auf das wirklich Wichtige besinnen.

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