Deutschland und Türkei:Im Blut liegt das nicht

Präsident Erdoğan hat Mitschuld an den Drohungen.

Von Kurt Kister

Vieles findet man im Netz; leider auch die hunderttausendfachen Beweise dafür, wie verbreitet Hass, verbale Totschlägerei und schiere Dummheit sind. Die Anlässe dafür sind so verschieden wie vielfältig: Der eine hetzt gegen Frauen, der andere beschimpft Ausländer und der dritte bedroht "Volksverräter". Zu letzterer Abteilung gehört die widerliche Kampagne gegen deutsche Abgeordnete mit türkischen Wurzeln. Das Spezielle an diesen Angriffen aus der Gosse liegt darin, dass sie de facto von einem Staatsoberhaupt initiiert worden sind.

Es war Präsident Erdoğan, der sich im Furor über die Armenien-Resolution des Bundestags als Rassist geoutet hat. Er sprach vom "verdorbenen Blut" jener türkischstämmigen Abgeordneten, die nicht gegen die Resolution gestimmt haben. Wer glaubt, dass Blut Nationalität und Weltanschauung prägt, der hat ein biologistisches Weltbild und hält Türkentum für eine Frage der Gene, also der Rasse.

Dieser Rassismus wird doppelt aggressiv durch die ungeheuerliche Unterstellung, die Abgeordneten hätten sich auch zu Werkzeugen von Terroristen gemacht. Es ist leider nicht verwunderlich, dass das verbale Wüten des ersten Mannes im Staate Türkei nun von vielen anderen durch Drohungen verschärft wird. Übrigens beleidigt dies auch sehr viele Türken in Deutschland und in der Türkei, die mit dem Extremnationalismus der AKP und ihres Sultans nichts anfangen können.

© SZ vom 13.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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