Deutschland schlägt Slowenien 6:0:Worte mit Wirkung

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Spürt wieder Rückenwind: Bundestrainerin Steffi Jones. (Foto: Jens Niering)

Im ersten Spiel nach der verpatzten Europameisterschaft zeigt die deutsche Frauen-Nationalmannschaft die erhoffte Reaktion - doch noch sind längst nicht alle Ursachen für das Ausscheiden bekämpft.

Von Anna Dreher, Ingolstadt

Die Meisten lächelten, manche strahlten sogar vor Freude, vielleicht auch aus Erleichterung. Der Arbeitstag der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach der Europameisterschaft war so gelaufen, wie sich die Spielerinnen das erhofft hatten. Eben hatten sie 6:0 (4:0) gegen Slowenien im ersten Qualifikationsspiel zur Weltmeisterschaft 2019 in Frankreich gewonnen. Die Reaktion auf dieses Ergebnis war also durchaus nachvollziehbar und verständlich. Dzsenifer Marozsán aber blieb ernst. Fast schien es, als habe es gerade gar keinen Schlusspfiff vor 3112 Zuschauern in Ingolstadt gegeben, so fokussiert wirkte die Spielführerin. "Ich bin eigentlich schon glücklich, dass wir 6:0 gewonnen haben", sagte sie später. "Aber wir waren am Anfang so hektisch und haben keine klaren Entscheidungen getroffen. Das war unnötig."

Die mangelnde Klarheit bei Entscheidungen erinnerte an die Europameisterschaft im Juli. Das Ergebnis gegen die überforderten Sloweninnen ließe zwar eigentlich auf eine große Dominanz der deutschen Mannschaft schließen, immer wieder aber waren Unsicherheiten und Ungenauigkeiten zu sehen wie vor ein paar Wochen. In den Niederlanden war der achtmalige EM-Sieger zwar das Team mit den meisten Torschüssen (91), der größten Passgenauigkeit (84 Prozent) und der besten Zweikampfquote (58 Prozent) - bei der Chancenverwertung aber waren nur drei Nationen schwächer. Auch deswegen endete das Turnier überraschend früh im Viertelfinale gegen Dänemark (1:2).

Svenja Huth zeigt, wie wichtig sie für die Mannschaft ist

Nach den Erfahrungen der EM, die von Bundestrainerin Steffi Jones und ihrem Trainerstab ausführlich analysiert worden waren, ließ die 44-Jährige in einem flachen 4-4-2 spielen und verzichtete auf die von ihr in diesem System bevorzugte Version mit Mittelfeldraute. Bis die Spielerinnen zu einer Art Rhythmus fanden, dauerte es, dann aber fielen vor allem Marozsán, die nach einer 13-monatigen Pause zurückgekehrte Simone Laudehr in ihrem 100. Länderspiel sowie das Sturmduo Tabea Kemme und Svenja Huth auf.

Huth war es auch, die in der 14. Minute für das erste zufriedene Lächeln bei Jones sorgte und die Vermutung weckte, dass die EM aus deutscher Sicht eventuell anders gelaufen wäre, wenn die 26-Jährige sich nicht schon beim Auftakt gegen Schweden verletzt hätte. Sie war schneller und wendiger als ihre Gegnerinnen und belebte das Angriffsspiel. Nach einer Flanke von Carolin Simon köpfelte die Potsdamerin in ihrem 29. Länderspiel ihr erstes Tor zur deutschen Führung. Drei Minuten später erhöhte Marozsán nach einem Foul an Kemme per Elfmeter auf 2:0. "Am Anfang wirkte unser Spiel zerfahren mit vielen Fehlpässen. Aber wir sind dann mehr über die Flügel gekommen und haben den Druck hochgehalten", sagte Jones. "Das war die Antwort auf die EM, die wir sehen wollten."

"Ich finde, wir haben eine gute Reaktion auf die EM gezeigt"

Dennoch gab es offenbar schon vor der Halbzeitpause großen Gesprächsbedarf. Als Torhüterin Almuth Schult nach einer Abwehraktion erst behandelt und dann mit einer Verletzung am Mittelfuß ausgewechselt werden musste (25.), rief Jones energisch Kathrin Hendrich zu sich und redete auf sie ein. Die eine oder andere Leichtsinnigkeit hatte sich die noch unerfahrene Abwehrspielerin (17 Länderspiele) da bereits geleistet. Die Worte aber zeigten Wirkung. Nach einer Ecke von Marozsán traf Hendrich zum 3:0 per Kopf (35.). Nach einem von Ersatztorhüterin Laura Benkarth lehrbuchmäßig eingeleiteten Angriff kam der Ball über die Münchnerin Sara Däbritz zu Kemme, die abgeklärt abschloss (45+2).

Auch nach der Pause verlangsamte die deutsche Mannschaft oft ohne Not durch Quer- oder Rückpässe ihr Spiel. Das war zwar teils schön anzusehen - zu Toren gegen die defensiven Sloweninnen aber führte es nicht. Erst als wieder einmal Huth über die rechte Seite allen davon rannte und den Ball in die Mitte auf Kemme passte, kam es zum überfälligen 5:0 (80.). Zwei Minuten vor Schluss spielte Marozsán mit der für sie typischen Präzision auf Kristin Demann - 6:0. "Wir wollten keine Zweifel aufkommen lassen und unsere Chancen konsequent nutzen", sagte die Mittelfeldspielerin. "Ich finde, wir haben eine gute Reaktion auf die EM gezeigt."

Schon am Dienstag hat die deutsche Nationalmannschaft die Chance, eine weitere Reaktion zu zeigen. Im zweiten WM-Qualifikationsspiel trifft der Olympiasieger auf Tschechien, das nach einem 8:0 gegen die Färöer am Donnerstag Gruppenerster vor Deutschland ist. "Mir hat heute gut gefallen, wie sich die Mannschaft gegenseitig gepusht hat. Ich denke, wir werden keine großen Wechsel vornehmen", sagte Jones, die in der Gruppenphase der EM alle Feldspielerinnen eingesetzt hatte. "Alles soll im Wesentlichen so bleiben."

© SZ vom 17.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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