Deutsche Geiseln in der Türkei:Berichte über Machtkampf in der PKK

Lesezeit: 2 min

Türkischen Angaben zufolge geht aus abgefangenen Funksprüchen der PKK hervor, dass die entführten deutschen Bergsteiger Opfer eines internen Machtkampfes bei den Kurdenrebellen sind. Die Bundesregierung ist skeptisch.

Die Entführung der drei deutschen Bergsteiger durch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ist nach türkischen Angaben die Folge eines internen Machtkampfes bei den Kurdenrebellen. Die Nachrichtenagentur Anadolu meldete unter Berufung auf Sicherheitskreise, PKK-Chef Murat Karayilan habe angeordnet, die deutschen Geiseln aus der Gewalt seines internen Rivalen Fehman Hüseyin zu befreien.

Sind die deutschen Geiseln "Trumpfkarten" im Machtkampf von PKK-Führern? (Foto: Foto: AP)

Dies geht angeblich aus abgefangenen Funksprüchen von PKK-Mitgliedern hervor. Von der PKK lag zunächst keine Stellungnahme vor. Laut Anadolu hatte Hüseyin, der aus Syrien stammende Chef des bewaffneten PKK-Flügels, die Entführung der drei Deutschen angeordnet und damit PKK-intern für große Unruhe gesorgt.

Hüseyin solle beim bevorstehenden Kongress des bewaffneten Flügels abgelöst werden und wolle die drei Deutschen als "Trumpfkarten" im Machtkampf gegen Karayilan benutzen. Die Entführung von Zivilisten widerspreche zudem früheren Beschlüssen der PKK.

Die Bergsteiger waren am vergangenen Dienstag auf dem Berg Ararat von einem PKK-Trupp verschleppt worden. Die Führung der Kurdenrebellen erklärte, das Kidnapping sei "in eigener Initiative" von lokalen Rebellen begangen worden.

Die Bundesregierung hat inzwischen mit Skepsis auf die Berichte aus der Türkei reagiert. "Die PKK ist streng hierarchisch organisiert. Wir glauben deshalb nicht, dass eine örtliche Gruppe diese Tat in eigener Verantwortung geplant und durchgeführt hat", sagte Innenstaatssekretär August Hanning dem Münchner Merkur (Mittwochausgabe).

Außenminister Frank-Walter Steinmeier wollte sich zu möglichen Unstimmigkeiten innerhalb der PKK nicht äußern. Steinmeier berichtete in Berlin, dass er noch am Dienstagabend mit seinem türkischen Amtskollegen telefoniert habe. Er versicherte erneut, dass der Krisenstab und die Bundesregierung alles unternehmen, um die Freilassung der Geiseln zu erreichen.

Hanning sagte dem Merkur weiter, nach der Geiselnahme müsse man sich möglicherweise auch im Inland auf eine neue Gefahrenlage einstellen: "Es besteht das Risiko, dass diese Tat das Signal einer zunehmenden Gewaltbereitschaft sein könnte." Gegenwärtig aber scheine es eher so, als wolle die PKK ihre moderate Linie gegenüber Deutschland nicht nachhaltig ändern. Nach offiziellen Angaben leben in Deutschland derzeit etwa 500.000 Kurden. Davon zählen nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz etwa 11.500 zum "extremistischen Potenzial".

Türkischer Generalstab: Seit Freitag 22 PKK-Kämpfer getötet

Als Bedingungen für eine Freilassung der Deutschen verlangt die PKK eine Einstellung der türkischen Militäraktionen am Ararat sowie eine Erklärung der Bundesregierung, dass Deutschland seine harte Haltung gegenüber der kurdischen Untergrundorganisation beenden werde. Insbesondere kritisierten die Rebellen das Verbot des PKK-nahen Fernsehsenders Roj-TV durch Berlin. Die Bundesregierung verlangt die bedingungslose Freilassung der Geiseln.

Unterdessen haben türkische Soldaten nach Darstellung ihres Generalstabs im Südosten des Landes seit Freitag 22 PKK-Kämpfer getötet. Unter den Toten sei auch ein führender Funktionär, teilte die Armee am Dienstag mit.

An dem Einsatz in der an den Irak grenzenden Gebirgsprovinz Sirnak seien auch Kampfflugzeuge und -hubschrauber sowie Artillerie beteiligt gewesen. Die PKK-Kämpfer seien beim Vorbereiten eines Angriffs aufgestöbert worden.

© AFP/Reuters/AP/ihe/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: