Details der Gesundheitsreform:Eine Krankenversicherung für jeden

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Die geplante Gesundheitsreform der großen Koalition bringt viele Neuerungen: Künftig dürfen die privaten Kassen keine Patienten mehr ablehnen - egal, wie alt oder gebrechlich sie sind.

Heidrun Graupner

Peter Struck klang fast euphorisch, der Einstieg in die Bürgerversicherung sei erreicht worden, sagte er.

Manche in der SPD allerdings werden diesem Satz ihres Fraktionsvorsitzenden nicht zustimmen, denn nur in einem Punkt ist der Einstieg gelungen: Erstmals in der Geschichte Deutschlands gibt es eine Pflicht für alle, sich gegen Krankheit zu versichern.

Die getrennten Versicherungssysteme der gesetzlichen und der privaten Krankenkassen aber bleiben weitgehend unverändert erhalten.

Der Basistarif

Kommen wird der geplante Basistarif, wenn auch mit Einschränkungen, den die private Krankenversicherung (PKV) von 2009 an anbieten muss. Der günstige Basistarif wird aus dem Durchschnitt der Mitgliedsbeiträge der gesetzlichen Kassen (GKV) errechnet, für den Tarif dürfen keine Risikozuschläge erhoben werden, nur Alter und Geschlecht verändern seine Höhe.

Es gilt Versicherungspflicht, niemandem darf gekündigt werden. Nichtversicherte sollen bereits von Juli 2007 an in die PKV eintreten, zunächst in einen Standardtarif und von 2009 an in den Basistarif. 200.000 bis 300.000 Menschen in Deutschland sind derzeit in keiner Kasse versichert.

Das sind oft Selbstständige, die irgendwann ihren Schutz bei einer privaten Krankenversicherung verloren haben, weil sie die Beiträge nicht mehr zahlen konnten.

Die Altkunden der PKV können von 2009 an sechs Monate lang den Basistarif wählen. In diesem halben Jahr dürfen sie die private Krankenversicherung wechseln und einen allerdings begrenzten Teil ihrer Altersrückstellungen mitnehmen. Nach den sechs Monaten können nur noch über 55-Jährige oder Bedürftige in den Basistarif wechseln und nur in der Versicherung, in der sie bereits Mitglied sind.

Neukunden sollen den Basistarif immer wählen können. Mit dieser Regelung will die Union verhindern, dass die PKV durch den Basistarif allzu gravierende finanzielle Einbußen erleidet. Auch Ärzte befürchten kräftige Einschnitte und Praxispleiten, weil im Basistarif niedrigere Honorare bezahlt werden als sonst in der PKV üblich.

Die Honorarreform

Die Honorarreform der Ärzte soll nicht, wie zunächst geplant, 2009 abgeschlossen werden, sondern erst 2011. Auch die Fallpauschalen für niedergelassene Fachärzte werden erst dann eingeführt. Verändert wurden auch die Reform-Rezepte gegen den Ärztemangel in verschiedenen Regionen, vor allem in Ostdeutschland.

Gestrichen wurde der Passus, dass Ärzte, die sich in überversorgten Gebieten wie in Oberbayern niederlassen, Honorarabschläge hinnehmen müssen. Mediziner aber, die zum Beispiel im vom Ärztemangel bedrohtem Mecklenburg-Vorpommern eine Praxis übernehmen, sollen von 2008 an Honorarzuschläge erhalten. Ärzte sollen außerdem ihren Patienten leichter die Kostenerstattung anbieten können, und zwar für jede Einzelleistung.

Die Patienten erhalten dann eine Rechnung, sie müssen diese aber selbst bezahlen und sie sich dann von den Kassen erstatten lassen.

Die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Behandlung

Die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Behandlung von chronisch Kranken soll wie vorgesehen bleiben. Allerdings soll dies nur für Patienten mit schweren Leiden gelten, etwa für Krebs-, Aids- oder Mukoviszidose-Kranke.

Der Sparbeitrag, den Kliniken, Apotheken und Rettungsdienste leisten sollten, wird voraussichtlich beträchtlich abgemildert. Ursprünglich sollten die Apotheker den Kassen im ersten Reformjahr mindestens 500 Millionen Euro einsparen, dabei sollten Rabattverhandlungen über Arzneipreise geführt werden.

Um die Verhandlungen zu erleichtern, sollte es nur noch Höchstpreise für Medikamente geben, die Apotheker sollten dann niedrigere Preise aushandeln und diese an die Kunden weitergeben. Die Apotheker befürchteten aber gravierende Einbußen, weil sich die Höchstpreise ändern könnten.

Weiterhin Festpreise für Arzneien

Die Koalition hat diese Regelung gestrichen. Es gelten weiter Festpreise für Arzneien, die Abgabe der Apotheker an die Kassen wird sich vermutlich von zwei auf 2,30 Euro pro verschreibungspflichtigem Medikament erhöhen, was den Kassen 160 bis 180 Millionen Euro einbringen würde. Über die Einsparungen bei Kliniken, Krankentransporten und Rettungsdiensten sollen weitere Gespräche mit den Ländern geführt werden.

Es heißt, dass sich für die Krankenhäuser der Sparbetrag von 500 auf 250 Millionen im Jahr vermindern soll, möglicherweise soll bei der Höhe der Summe nach Klinikarten differenziert werden. Die Klinikträger hatten gewarnt, dass 500 Millionen Euro die Krankenhäuser ruinieren würden.

Noch keine detaillierten Regelungen wurden zum Insolvenzrecht der Kassen getroffen. Sicher ist nur, dass es nicht schon 2009 angewandt werden soll. Den Kassen sollen großzügige Übergangsfristen eingeräumt werden.

Diskutiert wird auch, ob das Insolvenzrecht der Kassen in einem eigenständigen Gesetz geregelt werden soll und nicht im großen Reformwerk.

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