Der Kandidat der Republikaner:George W. Bush

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In den eigenen Reihen ist der 43. US-Präsident unumstritten. Doch in der Bevölkerung hat er durch die Affäre um nicht vorhandene Massenvernichtungswaffen im Irak sowie die Folterungen irakischer Gefangener viel an moralischer Glaubwürdigkeit verloren.

Von Sandra Müller und Bernd Oswald

George Walker Bush stammt aus einer Familie, die seit mehreren Generationen Politik macht. Sein Vater George Herbert Bush war von 1989 bis 1993 Präsident der USA, Großvater Prescott Bush von 1952 bis 1962 Senator für den Bundesstaat Connecticut.

George Walker Bush (Foto: Foto: AP)

Sein Bruder John Ellis Bush, genannt Jeb, wurde 1998 zum Gouverneur von Florida gewählt. Seit dem 20. Januar 2001 ist George W. Bush der 43. Präsident der Vereinigten Staaten.

George Bush jr. kommt zwar aus dem Bundesstaat Connecticut, hat jedoch die meiste Zeit seines Lebens in Texas verbracht und gilt in der Öffentlichkeit als echter Texaner. Im Gegensatz zu seinem Vater, der ebenfalls lange Jahre in Texas war, hat sich George W. auch den breitmäuligen Südstaaten-Slang angeeignet.

Bush wurde am 6. Juli 1946 in New Haven/Connecticut als ältestes von sechs Kindern geboren. Außer Jeb hat er noch zwei weitere Brüder, Marvin und Neil, sowie eine Schwester Dorothy. Eine zweite Schwester, Pauline, starb kurz vor ihrem vierten Geburtstag.

George besuchte die San Jacinto Junior High School in Midland, wo sein Vater im Ölgeschäft tätig war.

Danach ging er auf die angesehene Philips Andover Academy in Massachusetts, das Internat, in dem schon sein Vater 20 Jahre zuvor die Schulbank gedrückt hatte.

Die Yale Universität schloss Bush 1968 mit einem Bachelor´s Degree ab, danach ging er nach Texas zurück zur Air National Guard.

Dem Einsatz an der Front in Vietnam entging er, indem er in kürzester Zeit in die Offiziersränge befördert wurde. Dabei besaß er keinerlei militärische oder Flugerfahrung.

Angang der 70er arbeitete er als Management Trainee für ein landwirtschaftliches Unternehmen und unterstützte US-Senats-Kampagnen in Florida und Alabama.

1973 setzte Bush seine Studien an der Harvard Business School fort, wo er 1975 einen M.B.A-Grad erlangte. Danach versuchte er, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, ging nach Midland zurück und gründete ein unabhängiges Öl- und Gasunternehmen, das er "Arbusto" (spanisch für Bush) nannte.

1977 heiratete er die ehemalige Lehrerin und Bibliothekarin Laura Welch. 1982 kamen die Zwillingstöchter Barbara und Jenna zur Welt, die nach ihren Großmüttern benannt sind. 1978 nahm Bush an den Wahlen zum Einzug ins Repräsentantenhaus teil.

Nachdem die Ölkrise Anfang der 80er seine seine Öl- und Gas-Company in Schwierigkeiten gestürzt hatte, akzeptierte er 1984 das Angebot, mit einer anderen Ölfirma zu fusionieren; Bush wurde Chairman. Als der Ölpreis 1986 komplett zusammenbrach, verkaufte er das Unternehmen für einen Spottpreis an die Harken Energy Corporation; hier arbeitete er noch einige Jahre als Berater.

Eintrag im Jahrbuch der Yale University 1966. (Foto: Foto: AP)

Bis zu seinem 40. Geburtstag war das Leben von George W. Bush mehr oder weniger unstet. Er trank häufig und viel, auch wenn er von sich sagte, er sei "klinisch gesehen kein Alkoholiker".

Zu den Jugendsünden gehört angeblich auch Kokain-Genuss. Auf die Frage, ob er schon mal Kokain geschnupft hätte, sagte er: "Nicht in den letzten sieben Jahren." Später dehnte er diese Zeitspanne auf 25 Jahre aus. Nur dann kann man in den USA ein öffentliches Amt bekleiden.

Bekehrter Anti-Alkoholiker

Die Wende kam am Tag nach einer ausgiebigen und feuchten Feier zum 40. Geburtstag. Am Morgen nach der Party überraschte er Freunde damit, dass er mit dem Kater dieses Tages beschlossen habe, den Alkohol aufzugeben. Seitdem rührt Bush keine Flasche mehr an. Er beschloss, fortan ein ordentliches, gottesfürchtiges Leben zu führen.

Vom Fernsehprediger Billy Graham ließ er sich dazu inspirieren, fromm zu werden. "Jesus hat mein Herz verändert", sagt er. Er konvertierte zum methodistischen Glauben, dem auch seine Frau angehört. Die Methodisten sind mit 14 Millionen Mitgliedern nach den Baptisten die zweitgrößte protestantische Kirche in den USA.

Im Herbst 1987 zog Bush mit seiner Familie nach Washington D.C. und unterstützte die erfolgreiche Präsidentschafts-Kampagne seines Vaters, dessen engster Vertrauter er war. Nach dem Wahlsieg kehrte er nach Texas zurück. 1989 kaufte er sich in das Baseball-Team der "Texas-Rangers" ein, für die er als Manager tätig war. Sympathien und Bekanntheit erwarb er sich unter anderem mit dem Neubau eines Stadions in Dallas.

Im November 1994 wurde er nach seinem Wahlsieg gegen die Demokratin Ann Richards zum Gouverneur von Texas ernannt. In seiner Amtszeit bemühte er sich vor allem um bessere Bildungsmöglichkeiten, initiierte Steuersenkungen und strengere Jugendstrafgesetze bei illegalem Waffenbesitz.

Im November 1998 wurde Bush mit 69 Prozent der Stimmen für das Gouverneursamt wiedergewählt - noch nie war es einem Gouverneur von Texas gelungen, für zwei aufeinander folgende Wahlperioden gewählt zu werden. Kritiker werfen ihm bis heute die hohe Anzahl von Hinrichtungen (138 Menschen) während seiner Amtszeit vor.

Im Juni 1999 gab er seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen bekannt. Der Verkauf seiner Anteile an den Texas Rangers, bei dem aus den ursprünglich investierten 606.000 Dollar 15 Millionen Dollar geworden waren, half ihm, seinen Wahlkampf zu finanzieren.

Am Rand einer Verfassungskrise

Im August 2000 wurde Bush zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner nominiert; Richard (Dick) Cheney, der unter seinem Vater Verteidigungsminister gewesen war, sollte beim Wahlsieg Vizepräsident werden. Sein Gegenkandidat war der Demokrat Al Gore, Vizepräsident unter Bill Clinton.

Die Präsidentschaftswahl vom 7. November endete mit einem außergewöhnlich knappen Ergebnis. Das Kopf-an-Kopf-Rennen der Hauptkandidaten führte die USA an den Rand der Verfassungskrise, die wahlentscheidenden Ergebnisse des Staates Florida waren in ihrer Auszählung höchst umstritten.

Erst ein Urteil des Verfassungsgerichtes erklärte schließlich George W. Bush zum Sieger in diesem Bundesstaat und damit der Präsidentschaftswahl. Am 20. Januar 2001 wurde George W. Bush als 43. US-Präsident vereidigt.

Eine der ersten Entscheidungen der Bush-Regierung war im März 2001 der endgültige Ausstieg der USA aus dem Kyoto-Abkommen zur Reduzierung der Treibhausgase aus - ein erstes Signal für das unilaterale Vorgehen der neuen Regierung.

Die Terroranschläge vom 11. September 2001 bedeuteten eine deutliche Zäsur in der Politik von George W. Bush. Als Reaktion auf die Attentate appellierte Bush am 12. September 2001 an die internationale Staatengemeinschaft, eine internationale Allianz gegen den Terrorismus zu bilden. Am 15. September kündigte er einen "Krieg gegen den Terrorismus" an.

Am 7. Oktober begannen die USA und Großbritannien mit Luftangriffen auf Afghanistan, dessen Taliban-Regime die Terrororganisation al-Qaida unterstützte und deren Führer Osama bin Laden Zuflucht gewährte. Nach dem Sturz des Taliban-Regimes wurde am 22. Dezember in Kabul eine Übergangsregierung gebildet.

In seiner ersten Rede zur Nation am 29. Januar 2002 kündigte Bush an, die Verteidigungsausgaben massiv zu erhöhen. Den Irak, Irak und Nordkorea bezeichnete er als "Achse des Bösen" und warf ihnen die Produktion von Massenvernichtungswaffen vor.

Im März 2003 begann mit Luftangriffen und dem Einmarsch von britischen und US-Truppen in den Irak der dritte Golfkrieg, dessen völkerrechtliche Legitimation stark umstritten ist.

Im Februar 2003 demonstrierten Millionen von Menschen gegen die Kriegspolitik der USA und ihrer Verbündeten, auch in den Ländern, deren Regierungen sich hinter Bush gestellt hatten. Bush musste sich vorwerfen lassen, im Irak weniger den Terrorismus bekämpfen zu wollen, als mit dem Krieg wirtschaftspolitische und geostrategische Interessen der USA zu verfolgen.

Auch nach dem offiziellen Kriegsende wurden im Irak keine Massenvernichtungswaffen gefunden, die Besatzungsmächte konnten Anschläge gegen ihre Truppen, andere Ausländer sowie irakische und arabische Zivilisten nicht verhindern. Weitere Terroranschläge, für die al-Quaida und ihr nahestehende Gruppierungen verantwortlich gemacht werden, folgten: unter anderem in Istanbul und am 11. März 2004 in Madrid.

Innenpolitisch bekam Bush zunächst viel Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus und setzte strengere Sicherheitskontrollen und Einreisebedingungen, die Einführung eines Ministeriums für Heimatschutz und Einschränkungen der bürgerlichen Rechte durch den Patriot Act I durch. Seine Beliebtheitswerte erreichten zu dieser Zeit historische Höhen.

Folgenreiche Folter-Affäre

Im April 2004 wurde ein geheimes Dokument veröffentlicht, nach dem Bush schon im August 2001 von FBI und NSA vor Anschlägen in den USA gewarnt worden war.

Im Mai 2004 gingen Fotos und Videos von grausamen Folterungen US-amerikanischer Militärs an irakischen Gefangenen im Bagdader Gefängnis Abu Ghreib um die Welt, bei denen es auch Todesopfer gab. Ähnliche Vorfälle wurden auch in anderen Militärgefängnissen im Irak und in Afghanistan bekannt.

Schon zuvor war die Bush-Regierung wegen der entwürdigenden Behandlung der Gefangenen auf dem US-Stützpunkt Guantanamo in Kuba kritisiert worden. Der Skandal um die Misshandlungen im Irak untergrub national wie international die moralische Glaubwürdigkeit der Bush-Regierung.

Anfang Juni 2004 gab es bei einem Staatsbesuch Bushs in Rom massive Protestdemonstrationen. Auch der Papst kritisierte Bushs Irak-Politik mit ungewöhnlich harten Worten.

In den USA hat die Popularität Bush inzwischen stark nachgelassen. Die letzten Umfragen zeigen, dass John Kerry, Präsidentschaftskandidat der Demokraten, mit Bush gleichgezogen oder ihn sogar überholt hat.

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