Den Haag:Ehemaliger Serbenführer Babic begeht Selbstmord

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Milan Babic ist tot in seiner Zelle im Gefängnis von Scheveningen aufgefunden worden. Das gab das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag bekannt. Babic war wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden.

Der ehemalige Anführer der kroatischen Serben, Milan Babic, hat im Gefängnis Selbstmord begangen. Dies teilte eine Sprecherin des UN-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag mit.

Der wegen Kriegsverbrechen verurteilte Serbe sei am Sonntagabend tot in seiner Zelle im Gefängnis von Scheveningen gefunden worden.

In einer unverzüglich eingeleiteten Untersuchung der niederländischen Polizei habe sich der Verdacht auf Selbstmord bestätigt. Auf welche Weise sich Babic das Leben nahm ist nicht bekannt Der serbische Fernsehsender B92 berichtete, der ehemalige Serbenführer habe sich "wahrscheinlich erhängt".

Babics Leiche sei während einer Routinekontrolle entdeckt worden, sagte eine Sprecherin des Tribunals, Alexandra Milenov. Es habe keine Hinweise darauf gegeben, dass der 50-Jährige selbstmordgefährdet war, und er habe sich vor seinem Tod nicht ungewöhnlich verhalten.

Babic war nach der Abspaltung Kroatiens von Jugoslawien 1991 und 1992 Präsident der selbstproklamierten Serbischen Republik Krajina. 2003 hatte er sich nach der Veröffentlichung einer Anklage vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag freiwillig gestellt.

13 Jahre Haft nach Schuldbekenntnis

In dem Verfahren um seine führende Rolle bei der Vertreibung und Ermordung von Kroaten und anderen Nicht-Serben in der selbsternannten Serbenrepublik Krajina während des Kroatienkrieges von 1991 bis 1995 hatte er sich schuldig bekannt. Im Juni 2004 war er daraufhin zu 13 Jahren Haft verurteilt worden.

Während des Kroatien-Kriegs war Babic zunächst Bürgermeister der Serbenhochburg Knin und stand in den Jahren 1991 und 1992 an der Spitze der Serbenrepublik Krajina.

Anfänglich wurde er vom damaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic unterstützt, später zerstritten sich die beiden.

Zuletzt hat er vor dem Tribunal als Zeuge im Prozess gegen Milan Martic, einen anderen hochrangigen Krajina-Funktionär, ausgesagt. Ende 2003 war er Zeuge im Prozess gegen den früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic.

1991, als Babics Präsidentschaft begann, lebten in der Krajina mehr als 78.000 Kroaten und rund 2000 Muslime. Ein Jahr später war laut Anklageschrift am Den Haager Tribunal praktisch die gesamte nicht-serbische Bevölkerung gewaltsam vertrieben, deportiert oder getötet.

Babic war für kommende Prozesse des UN-Gerichts gegen mehrere ehemalige Serbenführer als Zeuge vorgesehen. Als erstes sollte er vor dem UN-Tribunal gegen seinen Nachfolger an der Spitze der Serbischen Republik Krajina aussagen, Milan Martic.

Ein Vertreter der serbischen Regierung äußerte die Befürchtung, dass Babics Selbstmord das Misstrauen vieler Serben gegenüber dem UN-Kriegsverbrechertribunal vertiefen werde. "Dieser zweite Selbstmord wird der öffentlichen Wahrnehmung des Tribunals sicher nicht nützen", sagte der Regierungsbeauftragte für die Zusammenarbeit mit dem UN-Gerichtshof, Rasim Ljajic. Bereits 1998 hatte sich in der Haftanstalt des Haager Tribunals ein anderer kroatischer Serbenführer das Leben genommen, Slavko Dokmanovic.

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