Debatte um NPD-Verbot:Beck: V-Leute kein Hindernis

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In die Diskussion um ein NPD-Verbotsverfahren kommt Bewegung: Ministerpräsident Kurt Beck spricht sich für einen neuen Anlauf aus - und erwartet Unterstützung aus Bayern.

Susanne Höll

In und zwischen den Parteien ist eine neue Kontroverse um ein NPD-Verbot und die Konsequenzen für den Einsatz von Geheimdienstspitzeln in der rechtsextremen Organisation entbrannt. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck forderte, die Voraussetzungen für ein neuerliches Verbotsverfahren sorgfältig zu prüfen und sieht nach eigenen Worten Chancen, die vom Bundesverfassungsgericht 2003 aufgestellte Hürde bei den sogenannten V-Leute zu überwinden.

Werben mit Bonbons: Bei Klein und Groß versucht sich die NPD einzuschmeicheln. (Foto: Foto: AP)

Die Richter hatten damals ein NPD-Verbot mit der Begründung ablehnt, es sei unklar, ob und welches die NPD belastende Material von Informanten des Verfassungsschutzes stamme. "Ob man für einen Verbotsantrag tatsächlich alle V-Leute abziehen muss, scheint mir fraglich", sagte Beck der Süddeutschen Zeitung.

Auf Antrag Becks beraten die Ministerpräsidenten an diesem Donnerstag in Berlin über das weitere Vorgehen gegen die NPD. Beck erhofft sich nun Unterstützung aus Bayern, dessen Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nach dem Attentat auf den Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl auch ein Verbotsverfahren ins Gespräch gebracht hat.

Beim letzten Anlauf der Innenminister von Bund und Ländern für ein Prüfverfahren hätten sich unionsregierte Länder, darunter auch Bayern, noch verweigert. "Nach dem Überfall in Passau hat bei den Bayern ein Sinneswandel stattgefunden. Das ist bemerkenswert - und gut für die Sache", sagte Beck.

"V-Leute in Führungsgremien sind staatlich bezahlte Provokateure"

Unterstützung erhielt Beck vom schleswig-holsteinischen SPD-Landesvorsitzenden und früheren Landesinnenminister Ralf Stegner. Für ein neues Verfahren müssten nach dessen Einschätzung sicherlich V-Leute aus NPD-Vorständen abgezogen werden, nicht aber jeder Informant, sagte Stegner der SZ.

"V-Leute in Führungsgremien sind staatlich bezahlte Provokateure und deshalb nicht akzeptabel", meinte er. Informanten auf unteren Ebenen dienten aber der Gefahrenabwehr und seien aus seiner Sicht für ein Verbotsverfahren nicht entscheidend. Beck und Stegner sagten, ein neuer Anlauf solle nach intensiver Prüfung nur dann unternommen werden, wenn ein Erfolg in Karlsruhe als sicher erscheine.

Der FDP-Innenexperte Max Stadler widersprach der Einschätzung der SPD-Politiker. "Es gibt die Hoffnung, dass die Rechtsprechung dies nicht mehr so streng sehen wird. Aber dies wird die erste Frage der Richter bleiben", sagte Stadler der SZ. Einen Abzug aller Informanten der Verfassungsschutzämter, den zahlreiche Politiker und Experten als Voraussetzung für einen neuen Verbotsantrag bezeichnen, erteilte Stadler eine Absage. Er halte dies "im Moment nicht für vertretbar". Rechtsextreme Gewalt nehme zu, die Beobachtung der NPD müsse deshalb verstärkt, nicht geschwächt werden.

Auch das Parlamentarische Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste (PKG) wollte sich bei seinem regulären Treffen am Mittwochabend mit den Möglichkeiten zum Kampf gegen die NPD befassen. In Kreisen der PKG hieß es, denkbar sei, dass man mit den Vertretern des Verfassungsschutzes über die Frage der V-Leute rede.

Bislang erheben vor allem SPD-Politiker die Forderung nach Prüfung eines neuen Verbotsverfahrens. Der SPD-Bundesparteitag hatte dies vergangenes Jahr auch beschlossen. Union und die FDP lehnen einen neuen Anlauf ab, auch die Grünen sind skeptisch, ebenso einige sozialdemokratische Innenexperten aus dem Bund und den Ländern.

Zurückhaltend zeigte sich auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). Sie sieht im Einsatz von V-Leuten das größte Problem. Diese müssten im Vorfeld eines Verbotsverfahrens abgezogen werden, sagte Zypries der Bild-Zeitung. Ob man jedoch allein aus öffentlich zugänglichen Materialien belegen könne, dass die NPD verfassungswidrig sei, nannte Zypries fraglich.

© SZ vom 18.12.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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