CIA-Entführungen:"Schily war informiert"

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Die USA haben nach einem Bericht der Washinghton Post einen deutschen Staatsbürger fünf Monate lang irrtümlich inhaftiert - und den ehemaligen Bundesinnenminister frühzeitig darüber informiert. Bisher schweigt sich Schily zu den Vorwürfen aus.

Kurz vor dem Deutschland-Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice hat ein Bericht der Washington Post Fragen über die Rolle der früheren Bundesregierung in der Affäre um die Entführung von Terrorverdächtigen aufgeworfen.

In Bedrängnis: Otto Schily (Foto: Foto: dpa)

Wie die Zeitung am Sonntag unter Berufung auf Regierungsbeamte in Washington berichtete, hat die US-Regierung im Mai vergangenen Jahres den damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) über die irrtümliche Verschleppung des Deutschen Khaled el Masri informiert.

Der US-Botschafter habe Schily mitgeteilt, dass Masri Opfer einer Verwechslung geworden sei und wieder frei gelassen werde. Die Grünen forderten Schily auf, sich zu dem Bericht zu äußern. Rice wird am Montag in Berlin erwartet.

US-Botschafter traf Schily

Laut Washington Post suchte der damalige US-Botschafter Daniel R. Coats den Innenminister im Mai 2004 auf, um ihm die als brisant eingestuften Informationen persönlich zu überbringen. Coats habe Schily gesagt, dass der Geheimdienst CIA den Deutschen Masri irrtümlich für fünf Monate festgehalten habe.

Masri sei seiner Freiheit beraubt worden, weil die Leiterin der Al-Qaida-Expertenabteilung der CIA ihn "für jemand anderen gehalten" habe, zitierte die Zeitung einen früheren CIA-Mitarbeiter.

Dieser deutete an, dass die CIA-Beamtin die Entscheidung nicht wirklich durchdacht hatte: "Sie wusste das nicht wirklich, sie hatte nur eine Ahnung."

Stillschweigen erbeten

Coats habe Schily darum gebeten, dass die Bundesregierung in dem Fall Stillschweigen bewahrt. Der Washington Post zufolge fürchtete die US-Regierung, dass andernfalls ihre geheime Praxis der Verschleppung von Terrorverdächtigen ins Ausland auffliegt.

Die Zeitung bat Schily nach eigenen Angaben in der vergangenen Woche mehrfach um eine Stellungnahme, bekam aber keine Antwort. Auch Coats sowie die CIA lehnten einen Kommentar dazu ab.

Nach Einschätzung der Washington Post zeigt der Fall Masri, dass der starke Druck auf die CIA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 "in einigen Fällen" zu Festnahmen geführt habe, "die auf dünnen oder spekulativen Belegen beruhten".

Die Grünen forderten die Bundesregierung zu einer raschen Klärung auf. "Nun ist eine Erklärung von Otto Schily fällig", erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck.

Schily müsse sagen, "was er über die Entführungen durch den CIA wusste und wen er in der Bundesregierung über seine Informationen unterrichtet hat".

Der deutsche Staatsbürger Khaled El Masri war vor rund zwei Jahren nach eigenen Angaben irrtümlich von der CIA festgenommen worden. Der gebürtige Libanese wurde in Mazedonien entführt und nach Afghanistan verschleppt. Dort wurde er nach eigenen Angaben fünf Monate lang festgehalten und als Terrorverdächtiger verhört.

"Keine Belastung"

Der neue außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckart von Klaeden (CDU), sieht die deutsch-amerikanischen Beziehungen durch die Affäre um geheime CIA-Flüge nicht belastet. "Ich kann keine Belastung erkennen", sagte von Klaeden der Berliner Zeitung .

Er ließ erkennen, dass er von dem Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice in Berlin nur wenig neue Details in der Affäre erwartet.

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