Chile:Pinochet angeklagt, Hausarrest aufgehoben

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Ein Prozess gegen den früheren chilenischen Staatschef scheint wieder möglich. Ein Ermittlungsrichter in Santiago hat wegen der Operation Condor Anklage gegen den Expräsidenten erhoben. Ein verhängter Hausarrest bestand allerdings nur wenige Stunden.

Ein Gericht in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile hat den gegen Ex-Diktator Augusto Pinochet kurz zuvor verhängten Arrest wieder aufgehoben. Es handele sich um eine Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes auf Antrag der Verteidigung Pinochets, teilte die Jusitz mit.

Zuvor hatte der chilenische Ermittlungsrichter Juan Guzmán Tapia mitgeteilt, er habe angeordnet, einen Prozess gegen Pinochet wegen seiner Beteiligung an der "Operation Condor" und des damit verbundenen Todes eines Regimekritikers sowie der Entführung von neun Dissidenten zu eröffnen. Der 89-jährige Pinochet sei bis zu Beginn des Prozesses unter Hausarrest gestellt.

Der Ex-Diktator konnte bislang jedes Gerichtsverfahren unter Verweis auf seine angeschlagene Gesundheit verhindern. Er regierte Chile nach einem Militärputsch von 1973 bis 1990.

Während seiner Diktatur wurden rund 3000 Menschen ermordet oder verschwanden in Polizei- oder Militärgewahrsam.

Bei der berüchtigten "Operation Condor" wurden im Auftrag südamerikanischer Militärmachthaber weltweit mutmaßlich hunderte Oppositionelle getötet. Die Leichen der Opfer wurden nie gefunden. Wann der Prozess beginnen könnte, sagte der Richter nicht.

Pinochet beteuert sein Unschuld

Das Oberste Gericht Chiles hatte die Aufhebung von Pinochets Immunität in dieser Sache im August bestätigt und damit den Weg für einen möglichen Prozess freigemacht. Nach wochenlangem Tauziehen hatte Guzmán Pinochet Ende September in dessen Residenz in Dehesa im Osten der Hauptstadt Santiago de Chile zu der "Operation Condor" vernehmen können. Pinochet beteuerte seine Unschuld.

Guzmán schloss die Möglichkeit aus, dass der Prozess wegen des Gesundheitszustandes Pinochets platzen könnte. Bei der Vernehmung Ende September habe Pinochet gezeigt, dass er noch in Zusammenhängen denken könne, habe die Fragen verstanden und "vernünftige" Antworten gegeben. Pinochets Anwälte dagegen hatten angegeben, ihr Mandant könne einen Prozess nicht durchstehen.

Bereits 2001 war Pinochet im Fall von 75 Verschwundenen oder Getöteten angeklagt worden. Wegen seines Gesundheitszustandes wurde ihm nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts aber nicht der Prozess gemacht.

Bei der "Operation Condor", die im Auftrag der Machthaber in Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Paraguay und Uruguay ausgeführt wurde, töteten Agenten in den 70er und 80er Jahren weltweit mutmaßlich mehr als 200 Oppositionelle. Richter Guzmán versucht seit 1998, Pinochet unter anderem wegen Völkermordes den Prozess zu machen.

© sueddeutsche.de/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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