CDU in Sachsen:Applaus selbst von der Königsgattin

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„Ohne Vertrauen ist alles nichts“: der neue Landesvorsitzende der CDU Sachsen, Michael Kretschmer. (Foto: Ralf Hirschberger/dpa)

Mit 90 Prozent Zustimmung wird Michael Kretschmer zum Parteichef gewählt.

Von Antonie Rietzschel, Löbau

Einen besseren Ort hätte sich die sächsische CDU für ihren Landesparteitag nicht aussuchen können. Die Wahl passt zur Strategie der Partei, sich wieder stärker den ländlichen Regionen zuwenden zu wollen. Die Kleinstadt Löbau in der Oberlausitz steht aber auch für die Krise des Landesverbandes. Bei der Bundestagswahl löste die Alternative für Deutschland die CDU in Sachsen als stärkste Partei ab. Löbau liegt im Wahlkreis Görlitz, wo die AfD sogar ein Direktmandat errang. Die Reaktion der CDU darauf: die Flüchtlingspolitik wird künftig ein zentrales Thema sein.

Nun soll der Parteitag einen Neuanfang markieren. Mit Ovationen verabschieden sich die Delegierten zuerst von Noch-Ministerpräsident Stanislaw Tillich, der in seiner Rede Fehler eingesteht. Mehr Applaus gibt es jedoch für Michael Kretschmer, der mit 90 Prozent als neuer Parteichef der Sachsen-CDU gewählt wird. Kommenden Mittwoch soll er dann auch Ministerpräsident werden.

Mit dem hohen Ergebnis hatte der 42-Jährige nicht gerechnet. Vor dem Parteitag hatten sich viele öffentlich gegen ihn ausgesprochen. Innenminister Thomas de Maizière, Beisitzer im Landesvorstand, mahnt deswegen auf der Versammlung: "Wir brauchen Geschlossenheit." Ein Mann allein könne nicht alle Probleme lösen. Es seien jetzt alle in der Partei gefragt. Kretschmer selbst eröffnet seine Rede mit den Worten: "Ohne Vertrauen ist alles nichts." Am Ende seiner Rede steht sogar Ingrid Biedenkopf auf, die Frau des früheren Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf, den manche Sachsen ehrfürchtig "König Kurt" nennen. Bei Tillichs Abschiedsrede hatte Ingrid Biedenkopf sich nicht erhoben. Aus ihrer Missbilligung für Tillich, 58, hatten die Biedenkopfs zuletzt keinen Hehl mehr gemacht. Sie fürchteten nach der Bundestagswahl um ihr politisches Erbe. Der Applaus der Königsgattin ist ein Ritterschlag für Kretschmer.

Anders als Tillich ist Kretschmer ein guter Rhetoriker. Wo der alte Landesvorsitzende müde über die eigenen Sätze stolpert, lässt der Neue keine Zweifel an seinem Aktivismus: "Wir müssen rausgehen, mit den Leuten reden, ansprechbar sein, den Leuten Politik erklären", fordert Kretschmer von den Delegierten. Schwierige Zeiten dürften ihm trotzdem bevorstehen: 2019 sind Landtagswahlen und die Pessimisten in der CDU befürchten, dass die AfD dann stärkste Kraft werden und den Ministerpräsidenten stellen könnte.

Das Hauptthema in Kretschmers Rede ist die Flüchtlingspolitik. Der 42-Jährige sagt noch einmal, dass der Familiennachzug weiter ausgesetzt wird und fordert Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern. Nur durch die Lösung der Zuwanderungsproblematik, glaubt er, könne populistischen Kräften wie der AfD wirksam entgegengetreten werden.

Das Oberthema ist Sicherheit, es geht vor allem um personelle Aufstockung bei Polizei, Justiz und Verfassungsschutz. Aber auch um die Unterstützung bürgerschaftlichen Engagements und die Stärkung ländlicher Regionen. Das Papier mit dem Titel "Mit Sicherheit für Sachsen" soll die Richtung weisen für den Landtagswahlkampf. Ob es gegen die AfD wirkt, wird sich zum ersten Mal im Frühjahr 2019 zeigen. Dann sind in Sachsen Kommunalwahlen.

© SZ vom 11.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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