CDU-Abgeordneter:"Nie wieder Multi-Kulti-Schwuchteln in Berlin"

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Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche hat für einen weiteren Eklat gesorgt. Der Zentralrat der Juden sprach von einem zweiten Fall Hohmann.

Erst jetzt wurde bekannt, dass der sächsische Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche auf einer CDU-Veranstaltung gesagt hatte, Deutschland müsse runterkommen von dem "Schuldkult". Die ehemalige rot-grüne Bundesregierung bezeichnete er als "Multi-Kulti-Schwuchteln". Nach Angaben der die Leipziger Volkszeitung machte Nitzsche die Äußerungen im Juni im ostsächsischen Bernsdorf. Ein Staatsanwalt mit CDU-Parteibuch hatte sich deshalb bei seiner Partei beschwert. Nitzsche war in den vergangenen Jahren mehrfach mit derartigen Sprüchen aufgefallen.

Der sächsische CDU-Abgeordnete Henry Nitzsche (Foto: Foto: dpa)

Dennoch muss vorerst nicht mit parteipolitischen Konsequenzen rechnen. Ein Ausschlussverfahren werde es nicht geben, sagte der Vorsitzende der sächsischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Luther, dem Sender N24. Die Landesgruppe habe jedoch eine letzte Warnung ausgesprochen.

Die Äußerungen Nitzsches seien "ziemlich dummer Mist" gewesen. Der Landesgruppenvorstand habe am Donnerstag mit Nitzsche gesprochen, dabei habe dieser seine Aussagen bedauert. "Das darf nicht wieder vorkommen", sagte Luther.

"Die Sächsische Union distanziert sich von diesen Äußerungen. Mit Stammtischparolen schadet Herr Nitzsche unserer Partei und unserem Anliegen einer sachlichen Patriotismusdebatte", sagte CDU-Generalsekretär Kretschmer und fügte hinzu: "Als Konservativer fühle ich mich beleidigt."

Zentralrat der Juden: Zweiter Fall Hohmann

Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, sagte dem Tagesspiegel, Nitzsches Äußerungen seien "tendenziell ein zweiter Fall Hohmann". Der Abgeordnete versuche, "auf der Klaviatur des Herrn Hohmann Klischees und unterschwellige Ressentiments zu bedienen".

Der hessische CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann war 2003/2004 wegen als antisemitisch kritisierter Äußerungen aus Fraktion und Partei ausgeschlossen worden. "Wenn Herr Nitzsche es nicht für nötig hält, sich zu entschuldigen, sollte die CDU überlegen, welche Konsequenzen sie zieht", sagte Kramer. Die Äußerungen schadeten dem Ruf der sächsischen CDU, deren Engagement gegen die NPD im Dresdner Landtag durchaus anzuerkennen sei.

Die sächsische Linkspartei forderte CDU-Landesparteichef Georg Milbradt auf, Nitzsche zur Niederlegung des Bundestagsmandats zu bewegen. Nitzsche sei ein "unverbesserlicher Wiederholungstäter" und vertrete "lupenreine NPD-Positionen".

Grüne: Widerlicher Populismus

Die SPD monierte bei ihrem Koalitionspartner CDU, Probleme und Diskrepanzen in den eigenen Reihen nicht rechtzeitig zu erkennen. Es dränge sich die Vermutung auf, die CDU-Führung habe die Reaktion bewusst verzögert, um "mit der Patriotismusdebatte in Ruhe am rechten Rand zu fischen", hieß es.

Die sächsische Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau warf der Landes-CDU eine unerträgliche Ignoranz vor: "Herr Nitzsche hat in einer demokratischen Fraktion des Bundestages nichts verloren." Grünen-Bundeschefin Claudia Roth sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, Nitzsches Bemerkungen seien "plumper, widerlicher Populismus" und Wasser auf die Mühlen von Rechtsextremisten.

Der 47-Jährige war bereits mehrfach wegen derartiger Äußerungen aufgefallen. Zuletzt zog er 2005 mit der bei Rechtsextremen beliebten Parole "Arbeit, Familie, Vaterland" in den Wahlkampf. 2003 sorgte er für negative Schlagzeilen, als er in einem Vortrag über Zuwanderung vom "letzten Ali aus der letzten Moschee" sprach und betonte, eher würde einem Muslim "die Hand abfaulen", als dass er CDU wähle.

Daneben soll er in einem Vortrag vor einer Dresdner Burschenschaft türkische Flüchtlinge als "parasitär" bezeichnet haben. Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelte gegen Nitzsche wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Nach Zahlung von 5000 Euro an humanitäre Einrichtungen wurden die Ermittlungen jedoch eingestellt.

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