Bush-Interview:Zehn Minuten für die arabische Welt

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Folter, Misshandlungen, Tod - nach der Veröffentlichung von Fotos aus US-Gefängnissen im Irak muss Präsident Bush Schadensbegrenzung betreiben. Erstmals wird er deshalb im arabischen Fernsehen auftreten - aber nur kurz.

Nach der Misshandlung irakischer Gefangener will sich die US-Regierung an die Bevölkerung arabischer Länder wenden. Präsident George W. Bush wolle in arabischen Fernsehsendern klarstellen, dass die USA die Vorfälle zutiefst verurteilten, erklärte sein Sprecher Scott McClellan am Dienstagabend in Washington.

Die Streitkräfte kündigten eine Änderung ihrer Verhörmethoden an. Sie teilten weiter mit, dass Ermittlungen zu den Todesfällen von insgesamt 25 Häftlingen in Irak und Afghanistan eingeleitet worden seien.

Dabei hatte die US-Regierung bereits im Juni 2003, nach dem Tod zweier Afghanen in US-Gewahrsam, versprochen, Terrorverdächtige nicht mit grausamen, inhumanen oder erniedrigenden Behandlungen zur Herausgabe von Informationen zu zwingen.

Offensichtlich hatte man sich bei Militär und Geheimdienst nicht an dieses Versprechen gebunden gefühlt.

Bush werde sich von El Arabija und El Hurra, einem von den USA geförderten arabischen Sender, zehn Minuten lang befragen lassen, erklärte McClellan. Dabei werde er hervorheben, dass die schockierenden Bilder von Misshandlungen nicht für die Werte stünden, die Amerika repräsentiere. "Was vorgefallen ist, war falsch, und Amerika wird dies nicht tolerieren", betonte der Präsidentensprecher. Die Ausstrahlung der Interviews war für 16.00 Uhr MESZ vorgesehen.

Die Ermittlungen zu den 25 Todesfällen unter Gefangenen wurden in zwölf Fällen eingestellt. Hier seien die Militärgerichte zu dem Schluss gekommen, dass es sich um einen natürlichen Tod gehandelt habe oder dass die Ursache nicht eindeutig feststellbar sei, teilte Generalmajor Donald Ryder mit. Zwei Mal habe jedoch ein eindeutiges Tötungsdelikt vorgelegen. In dem einen Fall sei der schuldige Soldat aus der Armee entlassen worden. Der andere Fall betreffe einen Geheimdienstmitarbeiter und sei an das US-Justizministerium verwiesen worden.

Als gerechtfertigt sei die Erschießung eines Gefangenen gewertet worden, der zu fliehen versucht habe, sagte Ryder weiter. In zehn Todesfällen werde noch ermittelt. Überprüft würden ferner zehn Fälle von Körperverletzung, wozu auch ein konkreter Verdacht auf sexuelle Gewalt gehöre.

Die Zahl der Häftlinge im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib, aus dem Aufnahmen von Misshandlungen veröffentlicht wurden, soll nach Militärangaben von derzeit 3800 auf etwa die Hälfte reduziert werden. Einige Verhörmethoden wie Schlafentzug müssten künftig von ranghohen Offizieren genehmigt werden, erklärte der neue Gefängnisleiter, Generalmajor Geoffrey Miller.

US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice sagte in einem Interview mit El Arabija, Bush sei entschlossen, "herauszufinden, ob das Problem weiter geht als das, was in Abu Ghraib passierte. Er hat Verteidigungsminister (Donald) Rumsfeld gesagt, dass er eine Untersuchung und vollständige Rechenschaft erwartet." Rice versprach eine konsequente Bestrafung der Täter.

Iraker wollen Aufsicht über Gefängnisse

Aus Protest gegen die Vorkommnisse trat der von den USA ernannte irakische Menschenrechtsminister zurück. Abdul Basat el Turki äußerte in El Dschasira die Vermutung, dass Misshandlungen in irakischen Gefängnissen an der Tagesordnung seien. Er habe sich bereits im Dezember beim US-Zivilverwalter Paul Bremer über Menschenrechtsverstöße der Amerikaner beschwert.

Der Bagdader Innenminister Samir Schaker Mahmud el Sumeidi forderte, dass Iraker am Betrieb der Gefängnisse in ihrem Land beteiligt werden müssten. Diese stehen zurzeit komplett unter US-Aufsicht, irakische Regierungsvertreter dürfen sie nur mit amerikanischer Genehmigung betreten.

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