Bush in Neu-Dehli:"Eine historische Vereinbarung über Atomkraft"

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Nach mehr als 30-jährigem Boykott werden die USA als erstes Land der Welt wieder Atomtechnologie und Nuklearmaterial an Indien liefern - zur zivilen Nutzung.

"Wir haben heute eine historische Vereinbarung über Atomkraft geschlossen", sagte US-Präsident George W. Bush am Donnerstag bei seinem ersten Indien-Besuch in Neu Delhi.

Die USA und viele weitere Länder liefern seit indischen Atomwaffentests im Jahr 1974, alle anderen Staaten seit späteren Tests im Jahr 1998 kein Nuklearmaterial mehr an Neu Delhi. Indien hat den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet.

Der indische Premierminister Manmohan Singh sagte nach dem Treffen mit Bush: "Wir haben heute Geschichte geschrieben." Beide Seiten hätten sich auf die bis zuletzt umstrittene Aufteilung in militärische und zivile Atomanlagen geeinigt. Zivile Anlagen würden unter Aufsicht der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) gestellt.

Nach der Zustimmung des US-Kongresses zur Änderung amerikanischer Gesetze, die eine Lieferung an Indien derzeit untersagen, werde Neu Delhi über besondere IAEO-Vorschriften für Indien verhandeln. Indiens Erzrivale Pakistan kündigte umgehend an, sich bei dem Besuch Bushs am Samstag in Islamabad ebenfalls um ein entsprechendes Atomabkommen zu bemühen.

Druck von den Öl-Märkten nehmen

Bush sagte, mit der Nutzung ziviler Atomenergie durch Indien werde Druck von den Ölmärkten genommen, was auch amerikanischen Verbrauchern zugute komme. Das Abkommen mit Indien sei Teil der US- Bemühungen, die weltweite Abhängigkeit vom Öl zu beenden.

In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, Indien und die USA wollten ihr bilaterales Handelsvolumen in den kommenden drei Jahren auf 50 Milliarden Dollar (knapp 42 Milliarden Euro) verdoppeln. Die USA sind Indiens größter Handelspartner. Indien ist der am schnellsten wachsende Exportmarkt für die USA.

Der Nachrichtensender NDTV meldete unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen, der indischen Regierung sei es gelungen, Schnelle Brüter von ausländischer Aufsicht auszunehmen. Diese sind zwar noch in der Entwicklungsphase, werden aber in den kommenden Jahren große Mengen atomwaffenfähiges Plutonium produzieren.

NDTV berichtete weiter, 14 der bestehenden 22 indischen Atomanlagen würden künftig als zivil eingestuft, die anderen acht als militärisch.

Mehrere zehntausend Menschen demonstrierten am Donnerstag in Neu Delhi gegen den Besuch Bushs. Am Mittwoch waren rund 100 000 Muslime aus Protest gegen die US-Politik auf die Straße gegangen.

US-Diplomat bei Anschlag getötet

Der US-Präsident reist am Samstag nach Pakistan weiter. Dort starben am Donnerstag ein US-Diplomat und drei weitere Menschen bei einem Selbstmordanschlag auf das US-Konsulat in der Hafenstadt Karachi. Bush sagte in Neu Delhi: "Terroristen und Mörder werden mich nicht davon abhalten, nach Pakistan zu reisen."

Der Bombenanschlag sei "ein Zeichen, dass der Krieg gegen den Terror anhält". Der private pakistanische Fernsehsender Geo TV meldete, ein Selbstmordattentäter habe versucht, ein mit Sprengstoff beladenes Auto auf das Konsulatsgelände zu fahren.

Bush wird bei seinem eintägigen Besuch in Islamabad mit Präsident Pervez Musharraf zusammentreffen. Pakistan ist seit den Anschlägen von New York und Washington einer der engsten Verbündeten der USA im internationalen Kampf gegen den Terrorismus.

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