Bush-Besuch im Vatikan:Papst verurteilt Folterskandal

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Bei seiner Audienz bei Johannes Paul II. hat der strenggläubige Methodist George W. Bush heftige Kritik einstecken müssen - obwohl er dem Papst zuvor die Freiheitsmedaille, den höchsten zivilen Orden der USA, verliehen hatte. Die Situation im Irak müsse "so schnell wie möglich" normalisiert werden, forderte der Papst. Der Bush-Besuch war von heftigen Protesten überschattet.

Papst Johannes Paul II. hat am Freitag bei einem Treffen mit US-Präsident George W. Bush am Freitag im Vatikan seine Kritik an der Irak-Politik der USA erneuert und eine "schnellstmögliche Normalisierung" im Irak verlangt.

Bagdad müsse seine Souveränitat bald wiedererlangen, forderte das 84 Jahre alte Oberhaupt der katholischen Kirche. Eine besonders wichtige Rolle würden dabei die Vereinten Nationen spielen, fügte Johannes Paul II. hinzu.

Mit scharfen Worten verurteilte der Papst in seiner öffentlichen Rede den Folterskandal im Irak. In den vergangenen Wochen seien "bedauerliche Ereignisse ans Tageslicht gekommen, die das zivile und religiöse Gewissen aller belasten", erklärte er.

Solange sich nicht alle Seiten den "gemeinsamen menschlichen Werten" verpflichteten, könnten Kriege und Terrorismus nicht verhindert werden, mahnte das Oberhaupt der Katholischen Kirche.

Papst Johannes Paul II. war einer der schärfsten Kritiker des Irak-Kriegs. Auch die Gefangenenmisshandlungen durch US-Soldaten hatte er in der Vergangenheit scharf kritisiert und als "Gotteslästerung" bezeichnet.

Rom war die erste Station auf der dreitägigen Europa-Reise Bushs. Anlass ist der 60. Jahrestag der Befreiung Roms von den Nazi-Besatzern und der Landung alliierter Truppen in der Normandie während des Zweiten Weltkrieges. In Rom wurde der Besuch von Protesten und Straßenblockaden von Gegnern des Irak-Kriegs überschattet.

Der Papst verlangte außerdem ein "besseres und tieferes Verständnis zwischen den USA und Europa", um die anstehenden Probleme zu lösen. Er forderte Verhandlungen im Nahostkonflikt und bezeichnete den Terrorismus als ernste Sorge für die Welt. Der 11. September 2001 sei "ein schwarzer Tag in der Geschichte der Menschheit" gewesen.

Zudem verwies er auch auf die vielen Konflikte und die Armut in vielen afrikanischen Staaten.

Bush verlieh dem Papst die "Freiheitsmedaille"

Bush verlieh dem Papst bei der Privataudienz die "Freiheitsmedaille", den höchsten zivilen Orden der Vereinigten Staaten. Der Papst sei "ein starkes Symbol für Frieden und Freiheit", sagte Bush. "Sie haben geholfen, Tyrannei und Kommunismus zu bekämpfen. Sie sind ein Held unserer Zeit", fügte er hinzu. Johannes Paul II. werde in den USA sehr respektiert.

Bush hatte zum Auftakt seines Rom-Besuches Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi getroffen, der die Dankbarkeit des italienischen Volkes für die Befreiung des Landes von der Nazi-Besatzung durch die USA betonte.

Nach dem Treffen mit dem Papst gedachte Bush zusammen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi der Opfer des Nazi-Massakers in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom. 335 Zivilisten, darunter viele Juden, waren dort als Vergeltung für ein Partisanen-Attentat auf eine deutsche Einheit erschossen worden.

Die Bluttat gilt als Symbol für die Brutalität der Nazi-Truppen, die Italien nach dem Sturz des italienischen Diktators Benito Mussolini 1943 besetzt hatten.

Nach einem Treffen mit US-Kriegsveteranen stand am Freitagabend ein Abendessen mit Berlusconi auf dem Programm. Ein weiteres Treffen mit Berlusconi ist für Samstagvormittag vorgesehen.

Anschließend wird Bush nach Paris weiterreisen, um den französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac zu treffen. Höhepunkt der Europa-Reise des US-Präsidenten wird am Sonntag die Teilnahme an den Gedenkfeiern zum 60. Jahrestag der Landung alliierter Truppen in der Normandie während des Zweiten Weltkriegs sein.

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