Bush-Besuch:Flagge zeigen auf blutgetränktem Boden

Die Reise des US-Präsidenten ist eine Geste der Solidarität mit der irakischen Regierung. Daneben soll sie der Welt demonstrieren, dass Amerika sehr wohl Herr im irakischen Haus ist.

Geht der amerikanische Präsident auf Reisen, dann macht er das mit akribischer Vorbereitung. Auch der so überraschend wirkende Besuch von George W. Bush am Dienstag in Bagdad ist monatelang geplant und inszeniert worden, allerdings unter höchster Geheimhaltung. Das Unerwartete gehört mit zum politischen Geschäft, weshalb auch der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki erst wenige Minuten vor Bushs Landung erfahren durfte, dass er gleich einen ganz besonderen Gast zu empfangen habe.

Der neuen Regierung den Rücken stärken: George W. Bush in Bagdad (Foto: Foto: AP)

Bush wollte mit diesem Auftritt auf dem blutgetränkten Bagdader Boden Flagge zeigen. Einerseits war dies eine Geste der Solidarität mit der nach langem Ringen endlich vollständigen irakischen Regierung, die jede Stärkung nötig hat. Andererseits sollte der Besuch nach dem Prinzip des Deus-ex-Machina der Welt demonstrieren, dass Amerika sehr wohl Herr im irakischen Haus ist. Die Tötung des Terrorfürsten Abu Mussab al-Sarkawi durch amerikanische Truppen vor wenigen Tagen hat noch nicht den Eindruck hinterlassen, dass die mehr als 130.000 US-Soldaten und die irakischen Sicherheitskräfte nun das Feld beherrschen. Am Dienstag gab es wieder eine ganze Serie tödlicher Anschläge, diesmal auch im Norden des Landes, wo sich die Kurden bislang weit gehend sicher vor Gewalt fühlten.

Der Händedruck von Bush und al-Maliki in Bagdad wird das Vertrauen der Iraker in ihre neue Regierung nicht herbeizaubern können. Erst wenn die Mehrheit der Menschen in Bagdad, Basra und Kirkuk im Alltag spürt, dass ihre neue Führung ihr Leben besser und sicherer macht, werden sie die von den Amerikanern geschaffene Neuordnung im Irak akzeptieren.

© SZ vom 14.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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