Bundeswehrskandal:Angriff auf die Verteidigungsministerin

Der ehemalige Kommandeur des Bundeswehrstandorts Pfullendorf erhebt schwere Vorwürfe gegen Ursula von der Leyen.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Der ehemalige Kommandeur des unter anderem wegen fragwürdiger Ausbildungspraktiken in Verruf geratenen Bundeswehrstandorts Pfullendorf erhebt schwere Vorwürfe gegen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). "Ich fühle mich als Bauernopfer", sagte der Oberst der Bild. Er war versetzt worden, nachdem Vorwürfe öffentlich geworden waren, wonach es in Pfullendorf über die fragwürdigen Ausbildungsinhalte hinaus zu entwürdigenden Aufnahmeritualen und womöglich zu Mobbing gekommen sei. "Ich habe richtig gehandelt und wurde trotzdem zur Rechenschaft gezogen", sagte der Oberst. Er fühle sich "missbraucht für etwas, das ich nicht zu verantworten habe". Von seiner Versetzung habe er aus der Presse erfahren.

Die zuständige Staatsanwaltschaft Hechingen hat die Ermittlungen zu einem Teil der Vorwürfe eingestellt, ermittelt derzeit aber noch gegen einzelne Personen. Am Mittwoch hatte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums betont, dass man trotz der Einstellung an den Vorwürfen festhalte: Schließlich sei die strafrechtliche Relevanz das eine - und "die truppendienstliche Bewertung unangemessenen Führungsverhaltens" das andere.

Der Inspekteur des Heeres verteidigte die von der Ministerin getroffenen Entscheidungen. "Aus Sicht der militärischen Führung war es erforderlich, schnell Ruhe und Sachlichkeit einkehren zu lassen und auch so etwas wie einen Neuanfang in Pfullendorf zu ermöglichen", sagte Generalleutnant Jörg Vollmer der Süddeutschen Zeitung. "Die gemeldeten Defizite in Führung, Ausbildung, Erziehung sowie Dienstaufsicht in Pfullendorf hatten in ihrer Wirkung eine schwierige Gemengelage hervorgerufen. An einem Punkt wurde klar, dass in diesem Kontext auch personelle Maßnahmen getroffen werden mussten." Hier seien "unabhängig von laufenden Ermittlungen und möglicher Strafbarkeit persönliche Härten unausweichlich" gewesen, so Vollmer.

© SZ vom 09.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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