Bundeswehr im Ausland:Notwendiges Risiko

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Bundeskanzler Gerhard Schröder hält am Engagement im Anti-Terror-Kampf fest - trotz des Anschlags in Kabul.

Nico Fried

(SZ vom 11.6. 2003) - Bundeskanzler Gerhard Schröder hat bekräftigt, dass die Bundesregierung auch nach dem Anschlag auf Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan an ihrem Engagement im Anti-Terror-Kampf festhalten will.

"So tragisch und schwierig der Umgang mit dem Anschlag ist, so kann sich an der grundsätzlichen Haltung nichts ändern", sagte Schröder nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac in Berlin.

Zudem unterstrich der Kanzler die Bereitschaft zur Beteiligung deutscher Soldaten am Militäreinsatz der Europäischen Union in Kongo, der unter französischer Führung stehen wird.

Schröder verwies aber erneut auf die begrenzten Möglichkeiten der Bundeswehr.

"Wir können helfen, aber mehr als helfen können wir nicht", sagte der Kanzler. Die Teilnahme der Bundeswehr sei wichtig, um zu zeigen, "dass die Europäer nicht nur zusammen stehen wollen, sondern auch können". Chirac habe für die Rolle der Bundeswehr "vollstes Verständnis gezeigt und keinerlei Forderungen an Deutschland gestellt".

Auch Chirac hob die Bedeutung der Kongo-Mission als erstem Einsatz der EU außerhalb Europas hervor. Er sprach von einem "bescheidenen Beitrag" Deutschlands, fügte aber hinzu, dass man von Berlin auch nicht das gleiche Engagement wie in Afghanistan erwarten könne.

Bush und Chirac kondolieren

Mit Blick auf Afghanistan sagte Schröder, man wisse um das Risiko dieser Einsätze, man wisse aber auch, wie notwendig es sei, dieses Risiko einzugehen. "Sonst wird die Bedrohung größer als das bisher der Fall war."

Chirac sprach dem Kanzler sein Beileid für den Tod der vier Soldaten in Kabul aus, die bei einem "feigen Attentat" ums Leben gekommen seien.

Er lobte die Bundeswehr für ihre "professionelle und effiziente Arbeit", die in Afghanistan, auf dem Balkan und am Horn von Afrika "Hand in Hand" mit französischen Soldaten erledigt werde.

Angesprochen auf den Kondolenz-Anruf von US-Präsident George Bush sagte Schröder, er habe sich darüber "sehr gefreut". Dies entspreche dem, "was unter Verbündeten üblich ist, geht aber auch darüber hinaus", sagte der Kanzler, ohne dies allerdings weiter auszuführen.

Experten prüfen Ausweitung des Einsatzes

Unterdessen machte sich ein Erkundungsteam der Bundeswehr gemeinsam mit zivilen Experten auf den Weg nach Afghanistan.

Die Gruppe soll klären, ob eine Ausweitung des Einsatzes über das Stadtgebiet von Kabul hinaus möglich ist.

Nach der zehn- bis 14-tägigen Reise will die Bundesregierung eine Entscheidung treffen. Im Gespräch ist ein Einsatz in der Stadt Herat, 600 Kilometer westlich von Kabul. Gedacht ist an die Entsendung von etwa 70 zusätzlichen Soldaten, die zivile Aufbauprojekte schützen sollen. Für diese Aufgabe wäre ein neues Mandat des Bundestages erforderlich.

Vergangene Woche hatten die Vorsitzenden aller Fraktionen dazu in einem Gespräch mit Schröder ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt.

Struck gegen Bundeswehr als Besatzungsmacht

Im Streit um die Sicherheit der derzeit in Afghanistan stationierten 2400 deutschen Soldaten sagte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD), es gehe bei dem Einsatz um die Befriedung des Landes.

Dazu müsse das Vertrauen der Bevölkerung gewonnen werden. "Das schaffen wir nicht, wenn wir wie eine Besatzungsmacht auftreten."

Struck fügte hinzu: "Ein martialischer Auftritt mit Panzern wäre ungeeignet, um den Auftrag zu erfüllen." Die Maßnahmen zur Sicherheit für den Einsatz der internationalen Isaf-Schutztruppe seien auf höchstem Niveau.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Christian Schmidt (CSU), bezeichnete den Einsatz von Panzern in Kabul dagegen als eine von mehreren Optionen. Schmidt sagte, auch über den Einsatz von Fuchs-Transportpanzern könne nachgedacht werden.

"Ich habe den Einsatz von Panzern als eine Option ins Gespräch gebracht. Denkverbote möchte ich mir nicht auferlegen lassen", sagte Schmidt.

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