Bundesregierung:In 80 Seiten gegen die Klimakatastrophe

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Die Bundesregierung will Deutschland mit einem Strategiepapier auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten. Umweltschützern und Opposition ist das zu wenig.

Das Kabinett hat die "Deutsche Anpassungsstrategie gegen den Klimawandel" verabschiedet, teilte das Umweltministerium mit. Die Klima-Anpassungsstrategie fasst den Kenntnisstand zu den erwarteten Klimaänderungen sowie den möglichen Folgen zusammen.

Dürre in Brandenburg: Deutschland wird in den kommenden Jahrzehnten den Klimawandel noch stärker spüren. (Foto: Foto: ddp)

Außerdem werden in dem 80 Seiten langen Papier verschiedene Handlungsoptionen etwa für Gesundheits- oder Bauwesen, Küstenschutz, Forst- und Landwirtschaft skizziert. Als konkreten nächsten Schritt plant das Kabinett "Aktionsplan Anpassung", den Bund und Länder gemeinsam erarbeiten und bis März 2011 Bundestag und Bundesrat vorlegen sollen.

Das von der Koalition geplante Umweltgesetzbuch (UGB) kam indes wegen Widerstands aus der Unionsfraktion erneut nicht auf die Kabinettsagenda - zum Ärger von Opposition, Kommunen und Umweltschützern.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte, das Klima ändere sich weltweit. "Und mit dem Klima ändern sich die Lebensbedingungen der Menschen - auch in Deutschland." Das gelte selbst bei einem gebremsten Temperaturanstieg. Laut dem Papier muss Deutschland sich bis zum Zeitraum 2021 bis 2050 auf eine Erwärmung um 0,5 bis 1,5 Grad und bis zum Zeitraum 2071 bis 2100 um 1,5 bis 3,5 Grad Celsius einstellen. Sich verändernde Niederschlagsmengen könnten je nach Jahreszeit und Region zu Wasserknappheit oder Hochwassergefahr führen.

"Dem Klimaschutz Beine machen"

Der Präsident des Umweltbundesamts (UBA), Andreas Troge, betonte in der Neuen Osnabrücker Zeitung, die Anpassung an den Klimawandel werde umso einfacher und kostengünstiger, "je schneller wir dem Klimaschutz Beine machen".

Der UBA-Fachgebietsleiter Klimaschutz, Benno Hain, sagte der Thüringer Allgemeinen, Deutschland brauche dringend eine umfassende und konzertierte Aktion, um die Verantwortlichkeiten "zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und den einzelnen Sektoren und Themenfeldern" zu klären. Die Strategie der Bundesregierung setze dafür nur den Rahmen. Der vorgesehene Aktionsplan müsse nun präzisieren, wie die konkrete Umsetzung aussehen soll.

"Große Chance vertan"

Das Umweltgesetzbuch, dessen Beratung im Kabinett kurzfristig verschoben worden war, sahen Umweltschützer indes als gescheitert an. Die Sitzung sei der letztmögliche Termin gewesen, um das Gesetzgebungsverfahren noch vor der Bundestagswahl im Herbst abschließen zu können, erklärte der Nabu. Das im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbarte "Prestigeprojekt" sei "am Ende". Der BUND warnte vor einem "Fiasko in der Umweltpolitik", sollte das UGB tatsächlich scheitern. Statt Planungssicherheit drohe dann eine "total zersplitterte Gesetzgebung" auf Länderebene. Die FDP kritisierte das "Totalversagen" der Koalition "zum Schaden aller Betroffenen".

Das UGB soll die Vorschriften des deutschen Umweltrechts vereinen. Bislang steht in unterschiedlichen Fachgesetzen der Schutz einzelner Umweltgüter wie Luft, Wasser oder Boden im Vordergrund. Das Zusammenführen der Regelungen soll ihre Anwendung vereinfachen und Bürokratie abbauen helfen.

Aus Sicht des Deutschen Städte- und Gemeindebunds könnte das UGB behördliche Zulassungsverfahren stark vereinfachen, da etwa für einen neuen Fabrikbau nicht mehr jeweils eine Genehmigung nach Naturschutz-, Abfall- oder Wasserrecht eingeholt werden müsse. Diese "große Chance" zur Entbürokratisierung habe die Regierung aber offenbar vertan.

Ein Sprecher der Unionsfraktion sagte, die Auswirkungen eben dieser so genannten integrierten Vorhabenprüfung wolle die Fraktion nochmals analysieren. "Das sollte das Verfahren aber nicht lange hinauszögern." Nach Angaben des Umweltministeriums soll das UGB am 14. Januar Thema im Kabinett sein und könnte dann doch noch in dieser Legislaturperiode den Bundestag passieren.

© AFP/woja/af/liv - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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