Bundesrat:Union gegen Steuerreform und Hartz IV

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Die vorgezogene Steuerreform wie auch die Pläne der Bundesregierung zur Abschaffung der Eigenheimzulage und zur Kürzung der Pendlerpauschale sind im Bundesrat erwartungsgemäß auf Ablehnung gestoßen. Auch die Päne für eine Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe seien unzureichend.

Zwar seien Steuersenkungen für Bürger und Unternehmen grundsätzlich zu begrüßen, doch wehre sich die unionsdominierte Länderkammer gegen eine einmalige Steuersenkung auf Kosten dauerhafter Steuererhöhungen, hieß es am Freitag zur Begründung.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) betonte in seiner Rede vor dem Plenum, ein Vorziehen der dritten Steuerreform-Stufe von 2005 auf 2004 sei ohne solide Finanzierung nicht zu verantworten.

Mit Blick auf Eigenheimzulage und Entfernungspauschale sagte Teufel, einem "reinen Abkassieren" von Pendlern und potenziellen Häuslebauern "werden wir nicht die Hand reichen".

Er appellierte an Eichel, den Entwurf zurückzuziehen, "seriöse Zahlen" vorzulegen und wachstumsfördernde Reformen auf den Weg zu bringen.

Wer jetzt die Pendlerpauschale halbieren wollen, der vergesse, dass damit ein Ausgleich für fünf Steuererhöhungen gezahlt werden solle, kritisierte Teufel: "Die Bundesregierung betrügt die Pendler." Unrealistische Einnahmen seien bei der geplanten Amnestie für Steuersünder angesetzt: "Es kommt nichts zurück, jedenfalls keine fünf Milliarden." Im Gegenteil gingen täglich Unsummen in die Schweiz.

Heftige Kritik am Haushaltsentwurf

Heftige Kritik wurde im Bundesrat auch am Haushaltsentwurf von Finanzminister Hans Eichel (SPD). Die Vorlage ignoriere die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und gehe von unrealistischen Wachstumserwartungen aus, heißt es in der Stellungnahme der Länderkammer.

"Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit bleiben auf der Strecke", kritisierte Teufel. Er forderte die Bundesregierung auf, den Haushalt zurückzuziehen und "seriöse Zahlen" auf den Tisch zu legen.

Der baden-württembergische Ministerrpäsident schlug überdies eine Verfassungsänderung vor, um den Staat künftig zu verpflichten, Mehreinnahmen in besseren Zeiten zur Verringerung der Schulden einzusetzen. Beim Bundeshaushalt hat der Bundesrat allerdings lediglich ein Recht zur Stellungnahme und kann den Entwurf Eichels nicht stoppen.

Abfuhr für Hartz IV

Im Streit um die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe hat der Bundesrat den rot-grünen Vorschlägen eine Abfuhr erteilt. Der Hartz IV genannte Gesetzentwurf sei unzureichend, befand die Unionsmehrheit der Länderkammer am Freitag in der Debatte zum ersten Durchgang der Hartz-Gesetze und plädierte trotz Einschränkung im Detail für das hessische Existenzgrundlagengesetz (EGG).

Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) warb dagegen mit Nachdruck für einen Kompromiss und forderte die unionsregierten Länder auf, parteipolitische Aspekte zurückzustellen. Er sei bereit, auf die Union zuzugehen. Die Lösung der Probleme dulde keinen Aufschub. Seit 20 Jahren werde in Deutschland erfolglos Arbeitsmarktpolitik gemacht. In Wahrheit seien die Positionen "ziemlich nah beieinander", versuchte Clement eine Brücke zu schlagen.

Weitere Einschränkung des Kündigungsschutzes

Mitarbeiter in Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten sollen nach dem Willen des Bundesrates nicht mehr unter den Kündigungsschutz fallen. Die Länderkammer beschloss am Freitag, entsprechende Anträge unionsregierter Länder in den Bundestag einzubringen. Die Lockerung geht weit über die von Rot-Grün zeitgleich verabschiedete Regelung hinaus. Die Unionsseite im Bundesrat will untertarifliche Bezahlung für Betriebe ermöglichen, die Arbeitslose einstellen oder in wirtschaftlicher Not sind. Betriebliche Bündnisse für Arbeit sollten gesetzlich abgesichert werden.

Der Bundesrat will die Intimsphäre besser schützen und heimliche Bildaufnahmen unter Strafe stellen. Die Höchststrafe soll bei zwei Jahren Gefängnis liegen, auch Geldstrafen sind möglich. Der von Baden-Württemberg vorgelegte Antrag will eine Strafbarkeitslücke schließen. Während die Vertraulichkeit des Wortes geschützt, Verletzungen des Briefgeheimnisses und des Datenschutzes strafbar seien, gebe es gegen unbefugte Bildaufnahmen keinen ausreichenden Schutz.

Die Länderkammer nahm den Gesetzesantrag, der jetzt dem Bundestag vorgelegt wird, am Freitag mit gewissen Einschränkungen an. Danach soll nur die Bildaufnahme, nicht aber das Beobachten unter Strafe stehen. Auch die Verbreitung unbefugter Aufnahmen soll bestraft werden. Auch die rot-grüne Koalition will einen umfassenderen strafrechtlichen Schutz vor heimlichen Foto- und Videoaufnahmen einführen. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Stünker, hatte einen eigenen Entwurf angekündigt.

Stasiakten und Gemeindefinanzreform

Der Bundesrat hat sich für eine erneute Überprüfung von Bediensteten und Parlamentariern auf Kontakte zur DDR-Staatssicherheit ausgesprochen. In einer am Freitag verabschiedeten Entschließung auf Antrag der Länder Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden sowohl der Bund als auch die Länder aufgefordert, die mit der Freigabe der "Rosenholz-Dateien" gewonnen neuen Erkenntnisse zu nutzen. In diesen Dateien sind die Spitzel der DDR-Auslandsspionage registriert.

Im Konflikt um die Gemeindefinanzreform hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) im Bundesrat ein eigenes Gesetzesmodell vorgelegt. Es entspricht den Forderungen der kommunalen Spitzenverbände. Damit sollen nicht nur Freiberufler, sondern auch mehr Zins- und Mietkosten in die Besteuerung einbezogen werden. Der Regierungsentwurf habe Mängel, aber auch die Unions-Vorschläge bedeuteten keine nachhaltige Entlastung der Kommunen, sagte Simonis.

(sueddeutsche.de/dpa/AFP/AP)

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