Bundespräsidenten-Wahl:Union erwägt Verzicht auf eigenen Kandidaten

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Angesichts des wachsenden Drucks der FDP überlegen Politiker der CDU/CSU, einen liberalen Bewerber um die Nachfolge von Johannes Rau zu unterstützen.

Von Susanne Höll

Angesichts des wachsenden Drucks der FDP in der Bundespräsidentenfrage wird in der CDU/CSU zumindest erwogen, notfalls auf einen eigenen Kandidaten zu verzichten und statt dessen einen freidemokratischen Aspiranten zu unterstützen.

Führende Unionspolitiker wollten sich jetzt nicht mehr darauf festlegen, dass die CDU/CSU auf jeden Fall einen eigenen Kandidaten für die Wahl am 23. Mai aufstellt.

Auf die Frage, ob die Union der FDP zu deren internen Stabilisierung und mit Blick auf die Bundestagswahl 2006 das Vorschlagsrecht überlassen und deren Kandidaten unterstützen würde, sagte einer aus dem Führungskreis der Süddeutschen Zeitung: "Das sehe ich noch nicht." Ein anderer Spitzenvertreter sagte dazu: "Zur Zeit stellt sich diese Frage nicht."

Wichtigstes Ziel der Union ist weiterhin ein gemeinsamer Wahlvorschlag mit der FDP, weil nur so ein von SPD und Grünen unterstützter FDP-Ampelkandidat verhindert werden könnte.

Der CDU/CSU wäre ein Ampelkandidat, für den nach dem gegenwärtigen Stand der Diskussion nur die FDP-Politikerin Cornelia Schmalz-Jacobsen in Frage käme, äußerst unangenehm. Dafür gibt es mehrere Gründe: Es würde dem Image der CDU/CSU schaden, eine neue unionsinterne Führungsdebatte auslösen, die CSU verärgern, die wenig Geschmack an einem FDP-Kandidaten hat und das aus Unionssicht falsche Zeichen für die Bundestagswahl 2006 setzen.

Warnung vor einer "Selbstzerlegung"

Zugleich wurde deutlich, dass die Überlegungen von Teilen der FDP für einen Ampelkandidaten in der Union ernst genommen werden. Aus der Unionsspitze wurde die FDP davor ausdrücklich gewarnt. Das wäre ein "Pyrrhussieg" für die FDP, die angesichts der Präferenzen ihrer Wählerschaft Gefahr laufe, sich bis 2006 selbst zu schwächen, bis hin zur "Selbstzerlegung".

Aus solchen Äußerungen wird auch die Sorge der Union deutlich, mit einem Partner in die Bundestagswahl 2006 zu gehen, der sich in der Koalitionsfrage nicht klar festgelegt hat. Als Alternative zu Schmalz-Jacobsen wird in der FDP bisher nur Fraktionschef Wolfgang Gerhardt genannt, der eher für die Union als für Rot-Grün akzeptabler wäre, in der CDU/CSU aber keineswegs als Idealkandidat gilt.

Nicht die Zeit, auf die FDP "einzudreschen"

Wann und wie die Union eine Grundsatzentscheidung in der Kandidatenfrage fällt, ist noch unklar. Bislang hatten CDU und CSU eine Entscheidung für März und somit nach der Hamburger Wahl angekündigt. Ob sie auch daran festhalten, wenn die FDP sich erst später positionieren will, gilt derzeit als offen.

Bis März will die Union allerdings keinen öffentlichen Druck auf die Liberalen in dieser Frage ausüben. Es sei jetzt nicht die Zeit, auf die FDP "einzudreschen", hieß es. Angesichts dieser Lage mehrten sich aus der FDP die Stimmen, die für den 23. Mai den Sieg eines Kandidaten aus den eigenen Reihen prophezeien.

Amtsinhaber Rau äußert sich über Töpfer

Im Lager der Regierungsparteien wurde dagegen der CDU-Umweltpolitiker Klaus Töpfer mit Wertschätzung genannt, der bislang neben dem Vize-Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble (CDU) unionsintern als aussichtsreichster Kandidat galt.

Nach Bundeskanzler Gerhard Schröder äußerte sich auch Bundespräsident Johannes Rau respektvoll über Töpfer, wollte seine Äußerungen aber nicht als Beitrag zur gegenwärtigen Debatte verstanden wissen.

Vom Spitzentreffen der Unionsführung am Sonntagabend in Berlin wurde keine ausführliche Kandidatendebatte erwartet. Vielleicht würden die Vorsitzenden Angela Merkel (CDU) und Edmund Stoiber (CSU) am Rande über das Thema beraten, hieß es. Für den relativ großen Teilnehmerkreis sei die heikle Frage derzeit aber wohl ungeeignet.

© SZ vom 26.01.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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