Bütikofer-Nachfolge:Cem Özdemir will Grünen-Chef werden

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Cem Özdemir setzt zum Sprung in die Grünen-Spitze an. Wie die Süddeutsche Zeitung aus Parteikreisen erfuhr, will der Europa-Abgeordnete für den frei werdenden Posten des Grünen-Vorsitzenden kandidieren. Die erste Reaktion auf Özdemirs Schritt kommt aus Berlin - von seinem Rivalen Volker Ratzmann.

Die lange Überzeugungsarbeit des grünen Realo-Flügels zeigt Erfolg: Cem Özdemir möchte dem scheidenden Grünen-Chef Reinhard Bütikofer nachfolgen. Wie die Süddeutsche Zeitung aus Parteikreisen erfuhr, kandidiert der 42-Jährige auf dem Erfurter Bundesparteitag im November für den Posten. Inzwischen hat Özdemir diesen Schritt auch offiziell bestätigt.

Möchte dem scheidenden Grünen-Chef Reinhard Bütikofer nachfolgen: Cem Özdemir (Foto: Foto: AFP)

Der Schwabe galt früh als möglicher Nachfolger, lehnte jedoch eine Kandidatur zunächst ab. Ende Mai änderte sich dies. Damals signalisierte Özdemir seine generelle Bereitschaft, für den Parteivorsitz der Grünen zu kandidieren.

Entscheidend sei, dass es der Partei gelinge, ein schlagkräftiges Team für den anstehenden Bundestagswahlkampf aufzubauen, sagte Özdemir damals der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. "Dabei will ich helfen." Allerdings bleibe es dabei, dass er gegenwärtig nicht vorhabe, Parteivorsitzender zu werden.

"Ich konzentriere mich auf meine Kandidatur in Baden-Württemberg", sagte der 42-Jährige. Offenbar bemühten sich Vertreter des Realo-Flügels, Özdemir zu einer Bewerbung zu bewegen, da sie von dem bisher einzigen Kandidaten, dem Berliner Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann, weniger begeistert sind.

Lob vom Rivalen

Ratzmann reagierte prompt auf die Kandidatur Özdemirs - mit lobenden Worten. Er nannte Özdemir gegenüber der Süddeutschen Zeitung einen "in vielen Schlachten erprobten und erfahrenen Politiker und sehr respektablen Kandidaten". Er selbst werde nun noch weitere Gespräche führen und dann entscheiden, ob er ebenfalls antreten werde. Für ihn persönlich ändere sich durch die Kandidatur Özdemirs nichts, sein Interesse am Parteivorsitz bleibe bestehen, sagte Ratzmann. Am Wochenende hatte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, eine Kandidatur Ratzmanns ausdrücklich unterstützt. Auch Künast kommt aus dem Berliner Landesverband.

Inzwischen bestätigte Özdemir seine Kandidatur auch in einem Gespräch mit Spiegel Online. Seinen Konkurrenten Ratzmann nannte er einen "mehr als respektablen Kandidaten", seine eigene Kandidatur "ein Angebot an die Partei".

Özdemir, der sich in dem Gespräch als "Reformer" bezeichnete, kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es ärgere ihn, dass die CDU-Chefin "so billig" als Klimaschützerin davon kommt. "In Brüssel sehen wir das hässliche Gesicht der Bundesregierung", sagte Özdemir, "da steht sie auf der Klimabremse".

Seine Kandidatur wollte der Parlamentarier nicht als Kampfansage gegen das Berliner Grünen-Establishment verstanden wissen. "Ich möchte zusammenführen." Teamarbeit sei angesagt, wenn er und Claudia Roth gewählt werden sollten.

Mit Özdemirs Schritt scheint die Suche nach einem prominenten Gesicht für den Spitzenposten vorbei zu sein - schließlich war dieser bis 2002 einer der schillerndsten Grünen-Politiker im Bundestag. Der in Deutschland geborene Sohn türkischer Eltern stolperte damals aber über einen zinsgünstigen Kredit des PR-Beraters Moritz Hunzinger. Özdemir zog sich daraufhin aus der Bundespolitik zurück.

Ob er den Sprung an die Parteispitze tatsächlich schafft, ist noch offen. Endgültig entscheiden wird die Bundesdeligiertenkonferenz, die vom 14. bis zum 16. November in Erfurt stattfinden wird.

Der bisherige Bundesvorsitzende Reinhard Bütikofer hatte im März bekanntgeben, dass er im Herbst nicht erneut für den Parteivorsitz kandidieren will. Seither wurde nach einem Nachfolger gesucht, mit dessen Hilfe die Parteispitze verjüngt werden soll. Bütikofer war seit 2002 Parteichef und übt das Amt mit Claudia Roth aus. Deren Wiederwahl gilt als sicher.

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