Bürgerkrieg in Syrien:Blutiger Stillstand

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Syrische Oppositionskämpfer in Aleppo: Staatsmedien sprechen von jahrelangem Krieg. (Foto: dpa)

Zwei Jahre Aufstand, 70.000 Tote - und keine Hoffnung auf ein schnelles Ende: Aktuelle Berichte aus Syrien zeigen, wie verfahren die Lage im Bürgerkrieg ist. Große Teile der syrischen Armee sind demoralisiert, ein Durchbruch für die Rebellen ist auch nicht in Sicht. Die Zustände in den Flüchtlingslagern sind erschreckend.

Blutiger Stillstand: So lässt sich die Lage in Syrien beschreiben. Die Welt nimmt jenseits diplomatischer Kreise derzeit kaum Notiz von einem Bürgerkrieg, der vor zwei Jahren mit Protesten gegen Baschar al-Assad begann und immer brutaler wird. Doch wie ist die aktuelle Situation? Die New York Times hat die Hintergründe der jüngsten Entwicklungen zusammmengefasst.

  • Die Kommandostruktur der syrischen Armee funktioniert zwar noch, doch macht sich bei den Soldaten offenbar zunehmende Demoralisierung durch die zähen Gefechte in den Städten breit.
  • Die Regierung hat ihre Rekrutierungsanstrengungen verstärkt, dementiert aber eine Generalmobilmachung. Die Erfolgsaussichten der Armee bei der Rekrutierung der sunnitischen Mehrheit sind nach den massiven Bombardements ohnehin gering. Einzelnen Berichten zufolge versucht das Assad-Regime deshalb vermehrt, Christen zum Militärdienst zu drängen.
  • Syrien gleicht inzwischen einem Flickenteppich. Die Rebellen kontrollieren den Norden des Landes, die syrische Armee verteidigt die Stellungen in Städten wie Damaskus und hat dabei extreme Probleme. Das Militär war Analysten zufolge auf einen schnellen Krieg gegen Israel eingestellt, nicht auf einen Bürger- und Stellungskrieg in Wohngebieten.

Die humanitäre Lage vor Ort ist weiterhin angespannt. Die Vereinten Nationen gaben vor einer Woche bekannt, dass der Bürgerkrieg inzwischen eine Million Syrer zu Flüchtlingen gemacht hat, die meisten leben in Lagern in Jordanien, Libanon, der Türkei, Irak und Ägypten.

Die Helfer begeben sich oft in Lebensgefahr, wie das Beispiel eines syrischen EU-Mitarbeiters zeigt, der bei einem Raketenangriff auf einen Vorort der Haupstadt Damaskus getötet wurde. Ahmed Schehade sei gestorben, während er versuchte, den Bewohnern seines Stadtteils humanitäre Hilfe zukommen zu lassen, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Brüssel.

Die Kinder-Hilfsorganisation "Save the Children" berichtet, dass inzwischen zwei Millionen Kinder vom Bürgerkrieg betroffen seien: Sie befänden sich auf der Flucht oder seien Zeugen und Opfer von Kriegsgewalt. Einem Unicef-Bericht zufolge sind inzwischen 70.000 Syrer im Bürgerkrieg ums Leben gekommen, jede fünfte Schule wurde zerstört. In der umkämpften Stadt Aleppo gehen nur noch sechs Prozent aller Kinder zum Unterricht.

Die Fotografin Lynsey Addario, die für die New York Times über die Situation der Flüchtlinge berichtet, hat jüngst in einem Interview Einblicke in die Situation in den Flüchtlingscamps gegeben. Die Lager seien zum Teil schlechter ausgestattet als in Afrika:

"I've photographed refugee camps around the world - throughout Africa, the Middle East, all over. These Syrian camps - they don't really have anything. They've been flooded, they're muddy, they are not at all hygienic. There's raw sewage everywhere."

Auf diplomatischer Ebene ist kein Durchbruch in Sicht: Russland blockt UN-Resolutionen, während die westlichen Staaten derzeit noch diskutieren, ob und wie das allgemeine Waffenembargo für die syrischen Rebellen weiter gelockert werden kann. Die syrischen Staatsmedien ließen jüngst verlauten, der Bürgerkrieg könne noch "Jahre" dauern.

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