Bürgerkrieg in Syrien:USA schließen einseitige Aktionen gegen Assad aus

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US-Verteidgiungsminister Panetta wirft dem Iran vor, syrische Milizen zu unterstützen. Man werde sich alle Optionen gegen das Assad-Regime offenhalten, plane aber keine einseitigen Militäraktionen. Unterdessen droht der Bürgerkrieg immer stärker auf den Libanon überzugreifen.

Im Syrien-Konflikt wollen sich die USA alle militärischen Optionen offen halten, schließen aber einseitige Aktionen gegen die Regierung in Damaskus aus. Der Generalstabschef der USA, Martin Dempsey, erklärte in Washington, mit der Türkei und Jordanien sei über die Einrichtung sicherer Zonen für Flüchtlinge gesprochen worden. "Mit einem sicheren Hafen würde auch eine Art Flugverbotszone kommen, aber wir planen nichts unilateral", sagte er.

Der Verteidigungsminister der USA, Leon Panetta, betonte auf derselben Pressekonferenz, das Thema Flugverbotszone sei für die USA derzeit nicht vorrangig. Priorität habe zur Zeit die humanitäre Hilfe und die Sicherheit der syrischen chemischen und biologischen Waffen, erklärte Panetta. Zusammen mit Dempsey warf er dem Iran vor, das Regime von Präsident Baschar al-Assad zu stützen. So werde von Teheran derzeit eine überwiegend aus Schiiten gebildete Miliz ausgebildet.

General Dempsey sagte, bei den syrischen Streitkräften gebe es wegen des sich hinziehenden Bürgerkriegs Ermüdungserscheinungen. "Sie haben Nachschubprobleme, sie haben Probleme mit der Kampfmoral, sie haben Abnützungserscheinungen, die ein Kampf von dieser Dauer mit sich bringt", sagte er. Den syrischen Rebellen sei es offenbar auch gelungen, ein Kampfflugzeug abzuschießen. Das sei vermutlich mit leichten Waffen geschehen, Anzeichen dafür, dass die Rebellen schwere Waffen oder Flugabwehrraketen hätten, gebe es nicht.

Bombenanschlag in Damaskus

In der Nähe eines von den UN-Beobachtern bewohnten Hotels in Damaskus explodierte am Mittwochmorgen eine Bombe. Mindestens drei Menschen seien verletzt worden, berichtete das Staatsfernsehen. Unter den Verletzten waren aber offenbar keine Mitarbeiter der Vereinten Nationen.

Den Angaben zufolge war der Sprengsatz an einem Tankfahrzeug befestigt. Das Hotel und ein gegenüber gelegenes Gebäude einer Gewerkschaft wurden bei der Explosion beschädigt. Die syrische Hauptstadt wurde in dem nun schon seit 17 Monaten andauernden Aufstand gegen Assad schon häufiger von Explosionen erschüttert.

Die Freie Syrische Armee hat sich inzwischen zu dem Anschlag bekannt. Sie habe Armeeoffiziere und Vertreter der regierungstreuen Schabiha-Milizen treffen wollen, sagte ein Vertreter der Rebellenorganisation.

Wenige Stunden nach dem Bombenanschlag sollen Aufständische mit Panzerfäusten die iranische Botschaft und die syrische Regierungszentrale angegriffen haben, berichten syrische Menschenrechtsbeobachter in London.

In Damaskus hält sich derzeit auch UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos auf. Sie setzte sich dafür ein, Versorgungsrouten für die unter dem Bürgerkrieg in Syrien leidende Zivilbevölkerung zu öffnen. "Es gibt eine andauernde humanitäre Krise", sagte sie nach Gesprächen mit Regierungsvertretern in der syrischen Hauptstadt.

Angriff auf Krankenhaus in Aleppo

Ein Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sagte, dass Kampfjets des Regimes in der umkämpften Stadt Aleppo ein von den Aufständischen kontrolliertes Krankenhaus angegriffen hätten. Das klar gekennzeichnete Al-Schifaa-Spital sei zweimal in drei Tagen mit Raketen beschossen worden. Dies sei kein Zufall, sagte der Mitarbeiter. Angriffe auf Krankenhäuser verstoßen gegen das Kriegsrecht.

Der Bürgerkrieg zwischen Rebellen und Truppen des Assad-Regimes geht unterdessen unvermindert weiter. Aktivisten berichten über Kämpfe in verschiedenen Gebieten Syriens, darunter auch aus der Wirtschaftsmetropole Aleppo. In der Stadt Manbidsch östlich von Aleppo sollen Aufständische versucht haben, die Kontrolle über einen wichtigen Damm zu übernehmen, erklärte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die Örtlichen Koordinationskomitees berichteten auch von Kämpfen in der östlichen Provinz Deir El Sur, in der Region Idlib, in Daraa und in Vororten von Damaskus. Auch in der Nähe eines Grenzübergangs zur Türkei, den die Rebellen im vergangenen Monat eingenommen hatten, sei es zu Gefechten gekommen.

Der Konflikt droht außerdem immer stärker auf das Nachbarland Libanon überzugreifen, wo es tiefe Gräben zwischen Anhängern und Gegnern der syrischen Regierung gibt: Die Familie eines Libanesen, der von syrischen Rebellen festgehaltenen wird, hat im Gegenzug nach eigenen Angaben mehr als 20 Syrer in ihre Gewalt gebracht. Darunter sei auch ein ranghohes Mitglied der Freien Syrischen Armee. Die Geiseln würden gefangen gehalten, bis der Verwandte freikomme, hieß es. Der gefangene Libanese Hassane Salim al-Mikdad war in einem Video der syrischen Rebellen zu sehen. Er soll Mitglied der Hisbollah ein, einer im Libanon einflussreichen schiitischen Organisation, die enge Verbindungen zum Iran und zur syrischen Regierung unterhält.

Verbund islamischer Staaten will Syrien ausschließen

An diesem Mittwoch entscheidet die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) über einen Ausschluss Syriens aus ihrer Staatengruppe. Wie aus internen Kreisen verlautete, stellten sich nur Iran und Algerien gegen einen Ausschluss.

Die OIC hat ihren Vorschlag, Syrien aus ihrem Verbund auszuschließen mit dem gescheiterten Friedensplan des inzwischen zurückgetretenen Syrien-Gesandten Kofi Annan begründet, sowie damit, dass die syrische Führung weiterhin auf die "militärische Option" setze, um den Konflikt in den Griff zu bekommen. Staatschef Baschar al-Assad wird in dem Abschlussbericht des Gipfeltreffens dazu aufgefordert, die Gewalt in Syrien umgehend zu beenden.

Auf dem Gipfel in Mekka sind Staats- und Regierungschefs aus 57 Ländern anwesend, Syrien hat keinen Vertreter entsandt. Ein Verantwortlicher im saudi-arabischen Außenministerium sagte AFP, einige Delegationen seien der Ansicht, dass die Erklärung der OIC noch weiter gehen und Assads Rücktritt fordern müsse. Tunesiens Außenminister Rafik Abdessalem bezeichnete die geforderte Suspendierung Syriens hingegen bereits als eine "starke Botschaft" an die syrische Führung.

China machte unterdessen die westlichen Länder dafür verantwortlich, dass der UN-Sicherheitsrat bislang keine einheitliche Haltung zum Syrien-Konflikt gefunden hat. In einem Kommentar des Parteiorgans "Renmin Ribao" hieß es, einige westliche Länder strebten einen Regimewechsel in Syrien an. Dies und die offene Diskussion über eine Flugverbotszone habe den vom scheidenden Syrien-Gesandten Kofi Annan angestrebten multilateralen Ansatz für eine Lösung des Konflikts scheitern lassen. China hatte sich gemeinsam mit Russland im UN-Sicherheitsrat bisher immer dagegen ausgesprochen, gemeinschaftliche Sanktionen gegen Syrien zu erheben.

© SZ.de/AFP/dapd/dpa/ske/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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