Britischer Wissenschaftler Kelly:"Man wird mich wahrscheinlich tot im Wald finden"

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Vor dem Kelly-Untersuchungsausschuss kommen neue Details ans Licht: Nach Aussage eines Beamten soll der Wissenschaftler seinen Selbstmord schon vor dem Irak-Krieg angekündigt haben. Kelly habe von einem "moralischen Zwiespalt" gesprochen.

David Broucher, der im Londoner Außenministerium arbeitet, sagte, er habe den früheren UN-Waffeninspekteur am 27. Februar in Genf getroffen. Dort habe Kelly ihm auf die Frage, was geschehe, wenn der Irak angegriffen werde, geantwortet: "Möglicherweise werde ich tot im Wald gefunden werden."

Nach den Angaben befand sich Kelly, der die UN-Waffeninspektionen im Irak für angemessen und ausreichend hielt, hinsichtlich des möglichen Krieges in einem "moralischen Zwiespalt". Denn er habe den Irakern versichert, dass ihr Land nicht angegriffen werde, wenn sie mit den Inspekteuren der Vereinten Nationen konstruktiv zusammen arbeiten würden, sagte Broucher.

Schockiert über Indiskretionen

Ein Journalist der Sunday Times sagte ebenfalls aus, Kelly habe geschockt gewirkt, als im Juli sein Name als Quelle des umstrittenen BBC-Berichts genannt wurde. Schon in den vergangenen Wochen sei es nicht einfach für ihn gewesen, habe der Waffenexperte erklärt. Kelly habe bei dem Treffen mit dem Journalisten blass und müde ausgesehen.

David Kelly hatte sich am 17. Juli das Leben genommen, nachdem der 59-Jährige wenige Tage zuvor als Quelle für einen umstrittenen Bericht des Senders BBC identifiziert worden war. In dem Bericht war der Regierung vorgeworfen worden, das Dossier über die Massenvernichtungswaffen des Irak vom September 2002 "aufgebauscht" zu haben. Kellys Leiche wurde am 18. Juli an einem Waldrand nahe seines Heimatortes gefunden.

Blair muss nächste Woche vor den Ausschuss treten

Der britische Premierminister Tony Blair und sein Verteidigungsminister Geoff Hoon werden dem Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Kelly-Affäre in der kommenden Woche Rede und Antwort stehen. Dies erklärte der Ausschussvorsitzende Lordrichter Brian Hutton. Die Familie Kellys wird am 1. September vor der Kommission erscheinen.

Tags zuvor war bei der Befragung des Blair-Sprechers Tom Kelly vor dem Ausschuss erneut deutlich geworden, dass Downing Street Anfang Juli aktiv an der Diskussionen um die Identifizierung Kellys beteiligt war.

Blairs engster Berater und Kommunikationschef Alastair Campbell soll danach vorgeschlagen haben, der Presse den Namen des Waffenexperten "zuzustecken". Diese Idee sei dann jedoch als "schlecht" verworfen worden. Kellys Name war nach bisherigen Berichten aus den Reihen des Verteidigungsministeriums an die Öffentlichkeit durchgesickert.

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