Briefkontrollen in Hamburg:Staatsschutz spricht von "punktuellen" Durchsuchungen

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Bei der Fahndung nach militanten Globalisierungskritikern hat die Hamburger Polizei verdächtige Briefe abgefangen und kontrolliert. Die Postbeschlagnahmungen dienten dazu, Licht in das Dunkel der Anschläge in Hamburg zu bringen, teilte die Polizei mit.

Der Hamburger Staatsschutz hat eine "punktuelle" Kontrolle von Briefen in der Hansestadt bestätigt.

"Hierbei handelte es sich um richterlich genehmigte Postbeschlagnahmungen im Zusammenhang mit aufgetauchten Bekennerschreiben", sagte Detlef Kreutzer, Leiter des Hamburger Staatsschutzes.

In den vergangenen Wochen war es in Hamburg zu mehreren Farb- und Brandanschlägen von Gegnern des G8-Gipfels Anfang Juni in Heiligendamm gekommen. Anschließend gingen bei Medien Bekennerschreiben ein.

"Es ist jedoch entgegen anders lautender Medienberichte nicht zur Durchsuchung der Briefsendungen ganzer Stadtteile gekommen", sagte Kreutzer. Bei der Durchsuchung von Postsendungen handele es sich um eine Maßnahme im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung nach Paragraf 129 a.

Wie viele Polizisten an der Kontrolle von Briefen beteiligt waren, wollte Hamburgs Polizeipräsident Werner Jantosch nicht sagen. Die Federführung habe die Bundesanwaltschaft. Jantosch betonte jedoch: "Ja, ich stehe zu dieser Maßnahme, denn sie dient dazu, Licht in das Dunkel der zahlreichen Anschläge in Hamburg zu bringen."

Die Deutsche Post AG hatte zuvor die systematische Kontrolle von Briefsendungen im Briefzentrum Hamburg durch die Polizei bestätigt.

Ein Sprecher sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Beamten hätten einen richterlichen Beschluss vorgelegt. "Dann müssen wir die reinlassen."

Ob sie G-8-Gegnern auf die Spur kommen wollten, konnte der Sprecher nicht sagen und verwies auf die Polizei. Unbekannt sei auch, welche Briefe kontrolliert wurden. Die Tageszeitung taz nord hatte berichtet, dass Ermittler des Landeskriminalamts im Briefzentrum Mitte Sendungen kontrolliert und auch Briefe geöffnet haben.

Zugriff auf Redaktionspost

Der Sprecher betonte, die Polizei habe ohne Hilfe der Post gearbeitet. Deshalb sei der Umfang der Kontrollen auch nicht bekannt. "Da wird unser Personal rigoros abgezogen", sagte der Sprecher. Die Kontrollen wurden demnach im Stadtteil Altona vorgenommen. Die Beamten seien von Dienstag bis Donnerstag im Briefzentrum gewesen.

Nach den Anschlägen unter anderem auf das Auto von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann waren Staatsschützer nach Informationen der Hamburger Morgenpost beim Entleeren von Postkästen in den Szenevierteln Ottensen, St. Pauli und im Schanzenviertel dabei.

Im Briefzentrum Kaltenkirchener Platz suchten die Polizisten in der eingesammelten Post nach möglichen Bekennerbriefen von militanten G-8-Gegnern, die an Hamburger Zeitungsredaktionen adressiert waren, wie das Blatt berichtet.

Auf Antrag der Bundesanwaltschaft ist dem Bericht zufolge ein richterlicher Beschluss ergangen, auf die Redaktionspost zuzugreifen. Die Beamten wollen demnach mit dem Sortieren der Briefe frühzeitig herausfinden, in welche Briefkästen die Schreiben eingeworfen wurden und diese künftig nach Anschlägen rund um die Uhr observieren.

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Hartmut Lubomierski hat laut taz erhebliche Zweifel, dass es für eine derartige Maßnahme eine rechtliche Grundlage gebe. "Ich habe erhebliche Bedenken und halte das für unangemessen", wird er zitiert.

Man könne nicht ganze Stadtteile unter Generalverdacht stellen. In den vergangenen Tagen war bereits die Abnahme von Körpergeruchsproben zur Identifizierung von gewalttätigen Globalisierungsgegnern auf heftige Kritik gestoßen.

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