Brandenburg:Neonazi-Kameradschaft "Hauptvolk" verboten

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Das Bundesland Brandenburg hat hart gegen eine rechtsradikale Gruppe durchgegriffen. "Mit dem Verbot setzten wir ein deutliches Signal im Kampf gegen den Rechtsextremismus", sagte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) dem Tagesspiegel.

Die Polizei habe mit einem massiven Aufgebot die Wohnungen von etwa 40 Rechtsextremisten durchsucht, die als Mitglieder und Anhänger der Gruppierung gelten, meldete das Blatt.

Springerstiefel tragende Teilnehmer einer Neo-Nazi-Demonstration (Foto: Foto: AP)

Der demokratische Staat müsse "seine Waffen im Kampf gegen die Feinde der Freiheit konsequent einsetzen". Die Kameradschaft war dem Bericht zufolge seit vier Jahren vor allem in Rathenow und Umgebung aktiv.

Anfang März hatte bereits Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) die Kameradschaften "Tor" und "Berliner Alternative Süd-Ost" verboten. Wie die Zeitung weiter berichtete, beendete Schönbohm auch die Existenz der zur Kameradschaft "Hauptvolk" zählenden Neonazi-Clique "Sturm 27".

Deutlicher noch als der Begriff "Hauptvolk" zeugt demnach der Name "Sturm 27" von rechter Gesinnung: In Rathenow habe einst die SA eine "Brigade 27" unterhalten. Das Innenministerium halte der Kameradschaft "Hauptvolk" eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus vor.

In Publikationen mit Namen wie Der Landbote habe die Gruppierung prominente Nazis verherrlicht und gegen Juden agitiert. Außerdem sei der Holocaust als "Schwindel" bezeichnet worden.

Die Staatsanwaltschaft habe in den vergangenen Jahren fast die Hälfte der ungefähr 60 Mitglieder von "Hauptvolk" und "Sturm 27" mit Verfahren überzogen, meldete der T agesspiegel. Dabei sei es um szenetypische Propagandadelikte und um Gewalttaten gegangen. So soll mindestens ein Mitglied von "Hauptvolk" am Überfall von Neonazis auf einen jungen Linken in Rathenow beteiligt gewesen sein.

"Hauptvolk"-Leute bewachten Asylbewerberheim

Die vermummten Schläger hätten im August 2004 das Auto gestoppt, in dem der Linke saß, dann sei er herausgezogen und geprügelt worden. Fünf Monate zuvor habe in Göttlin (Havelland) ein Gruppe, darunter Neonazis vom "Sturm 27", mit Eisenstangen und Steinen ein Auto von Linken attackiert. Die Insassen seien mit dem Schrecken davongekommen.

Größere Empörung habe es 2002 gegeben, als bekannt geworden sei, dass ausgerechnet "Hauptvolk"-Mitglieder als Beschäftigte einer Sicherheitsfirma das Rathenower Asylbewerberheim bewachten.

Das Verbot von "Hauptvolk" und "Sturm 27" und das staatliche Vorgehen gegen Rechtsextreme generell müssen laut Schönbohm durch verstärktes demokratisches Engagement in der Gesellschaft ergänzt werden.

"Der anhaltende massive Aufklärungs- und Verfolgungsdruck von Verfassungsschutz und Polizei kann rechtsextremistische Strukturen zerschlagen, nicht aber extremistisches Gedankengut in den Köpfen beseitigen", sagte der Minister laut Tagesspiegel.

Er appellierte an Politik, Kirchen, Vereine, Schulen und Eltern, ihre besondere Verantwortung wahrzunehmen. Vor dem Verbot der Kameradschaft "Hauptvolk" wurden in Brandenburg dem Bericht zufolge nur zweimal Neonazi-Gruppen aufgelöst: 1995 traf es demnach die "Direkte Aktion/Mitteldeutschland", zwei Jahre später die "Kameradschaft Oberhavel".

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