Bolivien:Präsident Mesa will zurücktreten

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Bereits im März hatte Boliviens Präsident nach heftigen Protesten seinen Rücktritt angeboten. Damals lehnte der Kongress ab. Mittlerweile sind die Demonstrationen größer geworden und Mesa wagt einen zweiten Versuch.

In einer Fernsehansprache kündigte Mesa an, er wolle sein Abdankungsgesuch dem Kongress zur Abstimmung vorlegen. "Dies ist meine Entscheidung als Präsident der Republik." Damit liegt die Entscheidung beim Kongress, Mesas Rücktritt anzunehmen.

Versucht zum zweiten Mal zurückzutreten: Boliviens Präsident Carlos Mesa. (Foto: Foto: Reuters)

Aus Kreisen des Präsidenten verlautete, Mesa wolle sein Amt so schnell wie möglich zur Verfügung stellen, um den Weg für einen Nachfolger freizumachen.

In seiner Ansprache erklärte Mesa, er werde Präsident bleiben, bis der Kongress über die Zukunft des Landes entschieden haben. Mögliche Nachfolger sind Senatspräsident Hormando Vaca Diez und Parlamentspräsident Mario Cossio. Es galt jedoch als wahrscheinlich, dass die Demonstranten beide ablehnen würden.

Morales: Rücktritt ist keine Lösung

Beobachter rechneten damit, dass der Präsident des Obersten Gerichts, Eduardo Rodriguez, das Amt vorübergehend übernehmen und Neuwahlen ausrufen könnte.

Mesas schärfster politischer Gegner, der Chef der Bewegung zum Sozialismus, Evo Morales, erklärte in der Nacht zum Dienstag, der Rücktritt von Mesa sei nicht die Lösung. Er forderte die Einberufung einer Verfassung gebenden Versammlung und Neuwahlen, die vom Präsidenten des Obersten Gerichts angesetzt werden müssten.

Mesa sei es nicht gelungen, die sozialen Bewegungen im Lande mit den Parlamentsparteien in Einklang zu bringen. Erneut forderte er die Verstaatlichung der Ölfelder Boliviens. Viele Menschen in Bolivien befürchten, die reichen Gebiete mit den Ölvorkommen könnten sich abspalten.

Zehntausende demonstrieren gegen Mesa

Vor Mesas Ankündigung war der Protest gegen dessen Politik erneut gewachsen. Im Mai hatte der Kongress die Steuern für ausländische Ölkonzerne angehoben. Damit sollten die Spannungen im Land eigentlich vermindert werden, es kam jedoch zu weiteren Straßenprotesten.

Bei der größten Demonstration am Montag hatten zehntausende Menschen das Zentrum der Hauptstadt La Paz lahm gelegt. Vereinzelt kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. 22 Menschen wurden festgenommen.

Die Demonstranten forderten die Verstaatlichung der Ölindustrie und mehr Rechte für die indianischen Ureinwohner. In der Krise stehen sich indianische Gruppen sowie Gewerkschaftsorganisationen aus dem armen Osten des Landes einschließlich La Paz und Verbände aus Santa Cruz sowie dem ölreichen Süden des Landes gegenüber.

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