BND-Ausschuss zu Fall Kurnaz:Keine Manipulation in Bremen

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Bremens Verfassungsschutzpräsident Wilhelm hat bestritten, sein Amt habe Akten gefälscht. Heute würde er aber den Fall Kurnaz anders beurteilen.

Bei einer Sitzung des BND-Untersuchungsausschuss des Bundestages sagt Walter Wilhelm, es sei "völliger Quatsch", dass das Landesamt für Verfassungsschutz Vermerke gefälscht habe, um den ehemaligen Guantánamo-Häftling Murat Kurnaz in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen. Er betonte, der Bremer Verfassungsschutz habe zu keiner Zeit Telefongespräche von Kurnaz abgehört.

Er räumte aber zugleich ein: "Ich würde ihn heute nicht mehr als Gefährder einschätzen, ich würde ihn auch nicht als Terrorist ansehen." Doch selbst angesichts des Terror-Verdachts im Jahr 2002 betonte Wilhelm: "Jemanden in Guantánamo belassen zu wollen, das kann ich nicht verstehen."

Kampfanzug oder Outdoor-Hose

Wilhelm stützte sich in seiner Vernehmung zunächst auf Angaben, die er nach eigenen Angaben 2001 und 2002 von der Polizei bekommen hat. Darüber habe er erfahren, dass Kurnaz' Mutter die Sorge geäußert hatte, dass ihr Sohn in Bremen "islamisiert" worden sei.

Wilhelm teilte mit, nach damaligen Polizeiangaben habe sich Kurnaz vor seiner Reise nach Pakistan im Herbst 2001 einen Kampfanzug gekauft.

Auf die Frage des FDP-Abgeordneten Max Stadler, ob es sich bei der Kampfhose - wie die Wochenzeitung Die Zeit berichte - um eine normale "Outdoor-Hose" gehandelt habe könnte, sagte Wilhelm, er habe den Kampfanzug nie gesehen. Der Zeitung zu Folge kaufte sich Kurnaz auch kein Nachtsichtgerät. Dies sei ein Fernglas gewesen, das seine Eltern ihm geschenkt hätten.

Dem Bremer Landesverfassungsschutz war vorgeworfen worden, nur aufgrund dürftiger Hinweise und Hörensagen den Verdacht gegen Kurnaz auch dann noch aufrecht erhalten zu haben, als die Unschuld schon als erwiesen galt. Kurnaz saß über vier Jahre lange im US-Gefangenenlager Guantánamo, auch weil ihn Deutschland nicht wieder aufnehmen wollte.

Weitere Zeugen geladen

Der Ausschuss will nach Wilhelm noch den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, und den früheren Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Claus Henning Schapper (SPD), vernehmen.

Es geht um die Frage, warum die rot-grüne Bundesregierung eine Rückkehr von Kurnaz aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo nach Deutschland im Herbst 2002 abgelehnt hat, obwohl er bis dahin als unschuldig galt.

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