BND-Affäre:Hasenherzen

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Kein Untersuchungsausschuss: Wie sich die Grünen von der Regierung ins Bockshorn jagen lassen. Ein Kommentar von Heribert Prantl

Man muss es sich künftig versagen, Opposition und Regierung mit David und Goliath zu vergleichen. Zwar ist die große Koalition ein Riese, die Opposition ist aber kein David.

Der nämlich war ein kleiner, mutiger Mann, der es wagte, dem Riesen mit einem Stecken und fünf Kieselsteinen gegenüber zu treten.

Die Opposition im Bundestag ist zwar auch klein, sie ist aber partiell hasenherzig und willensschwach: Die Grünen haben gestern ihre Kieselsteine zu Füßen der Bundesregierung niedergelegt, den Stecken weggeworfen und sich dann verkrochen.

Angst vor der Waffe

Sie trauen sich nicht, die Waffe in die Hand zu nehmen, die der Stolz der Opposition sein sollte - den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Die FDP hat sich lang gewunden, bis sie nun doch zusammen mit der Linkspartei einen Gruppenantrag stellt. Der bringt leider nicht die nötigen Stimmen auf die Waage, weil man dazu auch die der Grünen braucht.

Die haben sich von der Regierung und von ihrem ehemaligen Außenminister Fischer ins Bockshorn jagen lassen. Zuerst haben sie eine Vielzahl von berechtigten Fragen über das Agieren des deutschen Geheimdienstes im Irak, in Syrien, auf Guantanamo und anderswo aufgeworfen - und sich dann in diesem Berg von Fragen versteckt.

Es ist dies nicht nur ein peinlicher Tag für eine Oppositionspartei. Es ist ein ziemlich schwarzer Tag für den deutschen Parlamentarismus: Der Bundestag erfüllt seine Aufgabe nicht.

Die Macht der Geheimdienste

Er hat das demokratische Prinzip zu verkörpern, er soll der Garant dafür sein, dass staatliche Macht, auch die Macht der Geheimdienste, öffentlich und effektiv kontrolliert wird - so gut es nur geht.

Stattdessen geriert sich der Bundestag als Exekutive und macht sich deren Bedenken zu eigen. Aufgabe der Regierung ist es, Geheimhaltungsinteressen, Aufgabe des Bundestags, Aufklärungsinteressen zu vertreten.

Das Parlament hat sich diese Aufgabe von Schäuble und Co. abschwatzen lassen; es gibt sich im Parlamentarischen Kontrollgremium mit den Informations-Krumen zufrieden, die vom Tisch der Regierung fallen. Das Parlament hätte, via Untersuchungsausschuss, die Tischordnung und das Essen bestimmen können.

Es hätte ein Ringen zwischen den Gewalten in einem Untersuchungsausschuss geben müssen. Und es wäre gut und ein Zeichen demokratischer Souveränität gewesen, wenn alle Bundestagsfraktionen den Antrag auf Einsetzung des Ausschusses gestellt hätten.

Peinliche Ausreden

Es geht nämlich bei den aufzuklärenden Fragen nicht in erster Linie um parteipolitische Plus- und Minus- Punkte, es geht um die Maßstäbe für das Handeln der Geheimdienste. Welche gab es? Wer hat sie gegeben? Wurden sie eingehalten?

Es ist peinlich, wenn Parlamentarier darauf verweisen, dass üblicherweise in Untersuchungsausschüssen nicht viel herauskäme. Das ist so, als wenn eine Zeitung schriebe, dass in ihr üblicherweise nichts Gescheites stünde. Es liegt an den Parlamentariern, ob sie ihre Waffe U-Ausschuss gut und klug einsetzen.

© SZ vom 24.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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