BND-Affäre:Grüne verstärken Druck auf Bundesregierung

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Regierung und Opposition wollen heute über die weitere Aufklärung deutscher Geheimdienstaktivitäten und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beraten. Die Grünen können sich einen Verzicht auf ein solches Gremium vorstellen - unter bestimmten Bedingungen.

Das Gremium könnte "überflüssig werden, wenn die Regierung vorher zeitnah und für die Öffentlichkeit nachvollziehbar vollständige Aufklärung leistet", sagte Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn am Sonntag in den ARD-"Tagesthemen". Zudem verlangte er eine Reform des geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG), das für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig ist.

An den Gesprächen der Fraktionsspitzen über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Zusammenhang mit der weiteren Aufklärung deutscher Geheimdienstaktivitäten nehmen voraussichtlich auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) teil.

Parteien über Untersuchungsauftrag uneins

Linkspartei und FDP wollen unter anderem einen Einsatz des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Bagdad während des Irakkriegs in einem Untersuchungsausschuss aufklären. Auch deutsche Geheimverhöre Terrorverdächtiger im Ausland und CIA-Geheimflügen sollen Thema sein. Im Anschluss an das Treffen von Regierung und Opposition steht nach bisheriger Planung ein Gespräch der Geschäftsführer der drei Oppositionsfraktionen auf dem Programm. Zwischen ihnen herrscht noch Uneinigkeit über einen Untersuchungsauftrag.

Kuhn sagte in der ARD: "Wer nur schreit Untersuchungsausschuss und sonst gar nichts, der setzt sich dem Verdacht aus, dass es ihm um die Aufklärung nicht geht." Die schwarz-rote Bundesregierung müsse im PKG "klar und deutlich die noch offenen Fragen aufklären, die wir vorbringen". Zudem müsse der Öffentlichkeit ein Bericht vorgelegt werden, so "dass man in groben Zügen erfährt, was tatsächlich gewesen ist".

Die Fraktionsvorsitzenden müssten künftig über die Ergebnisse der PKG-Sitzungen informiert werden können. Weiterhin solle es ein Selbstbefassungsrecht des Gremiums geben.

Kuhns Co-Vorsitzende Renate Künast unterstrich in der Berliner Zeitung : "Unser Ziel ist die Aufklärung. Deshalb halten wir am Untersuchungsausschuss fest. Es liegt jetzt an der Regierung, durch zeitnahe systematische Aufklärung diesen überflüssig zu machen."

"Plattform für Antiamerikanismus"

Die Grünen-Fraktion hatte sich in der vergangenen Woche eigentlich auf einen Untersuchungsausschuss verständigt. Nur Ex-Außenminister Joschka Fischer stimmte dagegen. Spitzenvertreter der großen Koalition hatten am Wochenende mit Warnungen und Appellen versucht, einen Untersuchungsausschuss in letzter Minute abzuwenden. Außenminister Steinmeier sagte im ARD-"Bericht aus Berlin", ein Untersuchungsausschuss könne auch Plattform "für Antiamerikanismus und NATO-Ablehnung" sein.

Die FDP will bei der umstrittenen Einsetzung eines Untersuchungsausschuss auf die Grünen zugehen. Der Vize-Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Max Stadler, (FDP) sagte am Montag im Inforadio des RBB, seine Partei werde "in den Verhandlungen einen Vorschlag machen, der die Vorstellungen der Grünen, so gut es geht, mit berücksichtigt." Die Themen lägen gar nicht so weit auseinander, "wie es jetzt öffentlich erscheinen mag", sagte Stadler. Die Grünen müssten sich "jetzt allmählich entscheiden, was sie eigentlich wollen."

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) kritisierte FDP und Linkspartei scharf. Beide Parteien würden die Gelegenheit nutzen, "um noch einmal gegen die alte rot-grüne Bundesregierung nachzutreten", sagte er der Leipziger Volkszeitung (Montag). Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, sagte dem Tagesspiegel: "Wir wollen nicht irgendwelche vorgefertigten Urteile bestätigt bekommen, uns geht es um Sachaufklärung."

Mit der FDP sei sie "weitgehend einig" über einen Untersuchungsauftrag. Die Oppositionsfraktionen FDP, Linkspartei und Grüne können nur gemeinsam einen Untersuchungsausschuss im Bundestag durchsetzen.

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