Blauhelm-Einsätze:USA überprüfen Beteiligung an UN-Friedensmissionen

Lesezeit: 1 min

Im UN-Sicherheitsrat hatte der Antrag der Bush-Regierung auf Immunität für US-Bürger vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag keine Chance - nicht zuletzt wegen des Folterskandals von Abu Ghraib. Doch US-Soldaten müssten vor "irrgeleiteter Strafverfolgung" geschützt werden, erklärte Außenamtssprecher Richard Boucher.

Die USA wollen ihre Teilnahme an allen UN-Friedensmissionen überprüfen. Das kündigte Außenamtssprecher Richard Boucher am Mittwoch in Washington an. US-Bürger, die an solchen Einsätzen teilnehmen, müssten vor "irrgeleiteter Strafverfolgung" geschützt werden, sagte er.

Zuvor hatten die USA im UN-Sicherheitsrat ihren Antrag auf eine Verlängerung der Immunität für ihre Bürger vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zurückgezogen.

Boucher machte erneut deutlich, dass aus Sicht der USA die Rechtsprechung des Strafgerichtshofes nicht auf Bürger von Ländern angewendet werden dürfe, die dem Gerichtshof nicht beigetreten seien. Deshalb müssten US-Bürger, die an UN- Friedensmissionen teilnehmen, davor geschützt werden.

Nach Einschätzung von UN-Diplomaten beugten die USA mit dem zurückgezogenen Antrag auf Immunität ihrer Bürger einer drohenden Abstimmungsniederlage im Weltsicherheitsrat vor. Der amerikanische UN-Botschafter James Cunningham begründete den Schritt damit, dass Washington "eine ausgedehnte und Uneinigkeit stiftende Debatte vermeiden" wollte.

Eine "weise" Entscheidung

Sein chinesischer Amtskollege Wang Guangya begrüßte die Entscheidung der USA als "weise". Der Resolutionsentwurf der Amerikaner habe den Sicherheitsrat erneut zu spalten gedroht, sagte Wang.

Das US-Militär sei durch den Folterskandal im irakischen Gefängnis Abu Ghoreib ins Zwielicht geraten. Bei einer Abstimmung hätte sich China ebenso wie einige andere Länder im Sicherheitsrat geweigert, den USA einen "Blanko-Scheck" für die Straffreiheit ihrer Bürger zu geben.

Das Ansinnen, Amerikaner generell von Strafverfolgung durch den Gerichtshof in Den Haag auszunehmen, war bei den UN angesichts des Skandals um die Misshandlung irakischer Gefangener durch amerikanische Soldaten weithin auf Empörung gestoßen.

Eine Verlängerung der erstmals 2002 vom Sicherheitsrat gebilligten Immunitätsregelung um ein drittes Jahr würde nach UN-Gepflogenheiten zu einem "Völkergewohnheitsrecht" führen, wenn ein solcher Beschluss nicht mit einer klaren Einschränkung verbunden ist.

UN- Generalsekretär Kofi Annan hatte am vergangenen Freitag gewarnt, dass eine erneute Immunitätsregelung für Amerikaner "den Sicherheitsrat spalten" und "die Vereinten Nationen diskreditieren" würde.

Deutschland, Frankreich, Chile und weitere Mitglieder des Sicherheitsrates hatten deutlich gemacht, dass sie einer bedingungslosen Verlängerung der Immunität nicht zustimmen würden. Die USA hatten für den Fall der Nichtannahme gedroht, ihre Soldaten von UN-Missionen abzuziehen und die Verlängerung der Mandate für solche Missionen mit Hilfe ihres Vetorechts zu verhindern.

Unterdessen hat der internationale Strafgerichtshof in Den Haag seine ersten offiziellen Ermittlungen aufgenommen. Dabei gehe es um schwere Verbrechen in der Demokratischen Republik Kongo, teilte Chefankläger Luis Oreno-Ocampo am Mittwoch mit.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: