Bizarrer Streit:Limburger Lösung

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Die Auseinandersetzung um übersprayte Nazi-Aufkleber ist beigelegt: Der Antifaschist Ralf Bender, der sich weigerte, an die Stadt fast 1000 Euro Reinigungskosten zu zahlen, erhielt Unterstützung. Ganz zufrieden ist er aber nicht.

Von Susanne Höll, Frankfurt

Sein Fall hat bundesweit für Verstörung gesorgt und dem Ansehen der hessischen Stadt Limburg Schaden zugefügt. Der Pädagoge Ralf Bender, Sozialdemokrat und Antifaschist, hatte in der Osterzeit 2013 rechtsradikale Aufkleber in der Stadt entdeckt, die Verwaltung mehrmals und erfolglos gebeten, sie zu entfernen - und schließlich in einer, wie er sagt, Art Notwehraktion die Sudeleien an Mästen und Verkehrsschildern eigenhändig übersprayt. Daraufhin verlangte die Stadt von Bender knapp 1000 Euro für Reinigungskosten.

Der Lehrer weigerte sich, zog vor Gericht, unterlag. Es drohte eine Zwangsvollstreckung. Nun ist die Auseinandersetzung vorbei - Spender, darunter Freunde und Bekannte von Bender aus der Antifa-Bewegung brachten insgesamt 1400 Euro auf. Der Sprecher der Stadt Limburg, Johannes Laubach, sagt: "Damit ist für uns die Sache erledigt."

Mit ihrer harten Haltung hatte die Stadt über Hessen hinaus Kopfschütteln verursacht

Bender, der sich von der Stadt und der Justiz ungerecht behandelt fühlt, Angst vor Übergriffen rechtsradikaler Aktivisten hat und um seine eigene Sicherheit und die seines gelähmten Zwillingsbruders bangte, ist den Spendern dankbar. Er selbst hätte die Forderung nicht bezahlt. "Das wäre ein Schuldeingeständnis gewesen. Aber nicht ich, sondern die Stadt hat durch Untätigkeit Schaden verursacht. Die Verwaltung hatte seinerzeit moniert, dass Bender die Aufkleber zu großflächig übertüncht habe. Hätte er aber lediglich die Nazi-Parolen überklebt, hätte ihm keine Buße gedroht.

Mit ihrer harten Haltung hatte die Stadt Limburg über Hessen hinaus für Kopfschütteln gesorgt. Auch heimische Kommunalpolitiker fragten sich, warum der damalige Bürgermeister Martin Richard von der CDU mitsamt dem Ordnungsamtsleiter diese Sache habe eskalieren lassen. Seit Ende 2015 sitzt der Sozialdemokrat Marius Hahn auf dem Chefsessel und bemüht sich um Entspannung. Bender weiß das zu würdigen, eine Entschuldigung Hahns für die Handlungen des Vorgängers würde er sich aber dennoch wünschen.

Den Lehrer hat der bizarre Streit in seinem Kampf gegen alte und junge Nazis nicht entmutigt. Im Gegenteil. "Ganz egal, was mir irgendeiner androht, ich werde in meinem Engagement nicht nachlassen", sagt Bender.

Die Stadt Limburg hat ihrerseits Konsequenzen aus der Auseinandersetzung gezogen und achtet nun sorgsamer auf ein pflegliches Stadtbild. Ein Mitarbeiter des Bauhofes sei, so sagt Sprecher Laubach, an vier von fünf Wochentagen in den Straßen unterwegs und schaut, ob und was es zu richten gibt in der Kommune. Das können defekte Kanaldeckel sein. Oder eben rassistische Aufkleber an Laternen und Mülltonnen.

Limburg sucht unter dem neuen Bürgermeister offenkundig ein gedeihliches Zusammenleben mit den Bender-Brüdern. "Uns wäre es lieb, wenn wir wieder auf den Pfad der Gemeinsamkeit kommen", sagt Stadtsprecher Laubach.

© SZ vom 10.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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